Jugendliche, die über die Eltern leicht an Alkohol kommen, haben ein erhöhtes Risiko für „Komasaufen“
Viele Jugendliche beginnen schon früh, Alkohol zu trinken. Meist denken sie zuerst an Eltern und Freunde, um an Wein, Bier und Spirituosen zu kommen. Eher selten ziehen Teenager in Erwägung, den Alkohol im Supermarkt zu kaufen. Das ergab eine Studie des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit. Demnach haben Jugendliche, die über ihre Eltern leicht an alkoholische Getränke kommen, ein höheres Risiko für das sogenannte „Komasaufen“ als Teenager, die kaum Zugang zu Alkohol haben. „Fast jeder zweite Schüler zwischen 10 und 16 Jahren kommt nach eigenen Angaben ‘leicht’ oder ‘sehr leicht’ an Bier und Wein“, so die Krankenkasse.
Nur elf Prozent der Jugendlichen kaufen Alkohol im Supermarkt
Die Forscher befragten 1.167 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 16 Jahren aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Brandenburg innerhalb eines Zeitraums von mehr als zwei Jahren insgesamt dreimal zu ihren Trinkgewohnheiten und nach der Verfügbarkeit von Alkohol. Das Ergebnis: „Kinder und Jugendliche mit Alkoholerfahrung nannten Eltern (66 Prozent) und Freunde (50 Prozent) als häufigste Bezugsquelle“, teilt die Krankenkasse mit. Elf Prozent der Schüler hätten angegeben, Alkohol im Supermarkt zu kaufen. „Unsere Studie zeigt erstmals den starken Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit und Konsum von Alkohol auf“, erläutert Prof. Reiner Hanewinkel, Studienleiter des IFT-Nord. „Dieses Ergebnis ist für die Prävention interessant. Im Kampf gegen den Alkoholmissbrauch bekommt die Vorbildfunktion der Eltern einen neuen Stellenwert.“
Zum Zeitpunkt der ersten Befragung im Jahr 2008 gaben die Jugendlichen an, noch nie fünf oder mehr alkoholische Getränke hintereinander getrunken zu haben. Suchtexperten zufolge ist das die Menge, die als Kriterium für das „Komasaufen“ herangezogen wird. Im Jahr 2011 erklärten mehr als 43 Prozent der Schüler, sie hätten mindestens einmal fünf Gläser Bier, Wein oder andere Alkoholika bei einer Gelegenheit zu sich genommen.
Leichte Verfügbarkeit steigert Risiko für Rauschtrinken
Knapp die Hälfte der befragten Kinder und Jugendlichen gaben an, dass sie „ziemlich leicht“ (35 Prozent) oder „sehr leicht“ (13,8 Prozent) an Bier oder Wein gelangen würden. Bei Ende der Studie erklärten 43,3 Prozent der Schüler, sie hätten wenigstens einmal fünf oder mehr alkoholische Getränke zu sich genommen. „Unsere Untersuchung zeigt, dass die leichte Verfügbarkeit ein Risikofaktor für das Rauschtrinken ist“, betont Hanewinkel. Bei leichterem Alkohol-Zugang liege das Risiko für ein erstmaliges „Binge Drinking“ um 26 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe, die nur schwer oder gar nicht an Alkohol gelangen. Dieser Unterschied beim Alkoholkonsum sei bedeutsam.
Täglich 65 jugendliche Alkoholopfer im Krankenhaus
„Tag für Tag landen bundesweit 65 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus“, betont Ralf Kremer, Suchtexperte der DAK-Gesundheit. Um den anhaltenden Trend beim „Komasaufen“ zu stoppen, müsse aus Sicht der Prävention die Verfügbarkeit von alkoholischen Getränken im Jugendalter reduziert werden. Erforderlich sei die konsequente Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes, wonach kein Alkohol an unter 16-Jährige verkauft werden darf. Ferner sei es sinnvoll, die Verfügbarkeit von Bier, Wein und hochprozentigem Alkohol durch das soziale Umfeld wie Eltern, Geschwister und Freunde zu reduzieren.
Die Studie zeigt zudem, dass Teenager, die leicht über ihre Eltern oder Freunde an Alkohol kommen, ein um 26 Prozent höheres Risiko für ein erstmaliges Komatrinken hatten als die Vergleichsgruppe, die nur schwer an Alkohol kommt. „Unsere Untersuchung zeigt, dass die leichte Verfügbarkeit ein Risikofaktor für das Rauschtrinken ist”, betont Hanewinkel.
Täglich müssen 65 Kinder wegen Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden
Vor sechs Jahren haben die DAK-Gesundheit und das Kieler Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung eine Aufklärungskampagne gegen den Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen unter dem Motto “bunt statt blau – Kunst gegen Komasaufen” ins Lebens gerufen.
„Tag für Tag landen bundesweit 65 Kinder und Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus“, berichtet Ralf Kremer, Suchtexperte der DAK-Gesundheit. Aus Sicht der Prävention müsse die Verfügbarkeit von Alkohol im Jugendalter reduziert und das Jugendschutzgesetz konsequenter durchgesetzt werden, nach dem kein Alkohol an unter 16-Jährige verkauft werden darf. Auch das soziale Umfeld – Eltern, Geschwister und Freunde – sollten dazu beitragen, die Verfügbarkeit von alkoholischen Getränken zu reduzieren, so Kremer. (ag)
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