Botox als Migräne-Mittel in den USA durch die Gesundheitsbehörde FDA zugelassen
Das beliebte Antifaltenmittel Botox ist um eine Anwendungsmethode reicher. In den USA hat die Gesundheitsbehörde FDA das aktuell überwiegend zur Faltenglättung eingesetzte Nervengift Botox für die präventive Behandlung von chronischer Migräne zugelassen.
Präventive Wirkung von Botox bei Migräne
Rund 3,2 Millionen Menschen leiden nach Angaben des Pharmaherstellers „Allergan“ in den USA unter chronischer Migräne, die im Schnitt an 15 Tagen im Monat auftritt und dabei eine bis vier Stunden anhält. Mit der Zulassung von Botox zur vorbeugenden Behandlung der chronischen Kopfschmerzschübe, besteht für die Betroffenen einmal mehr Hoffnung auf eine effiziente Behandlung. Denn die beiden PREEMPT-Studien (Phase III Research Evaluating Migraine Prophylaxis Therapy), welche der Zulassung zu Grunde liegen, kommen zu dem Ergebnis,dass die Kopfschmerztage durch die Injektion von Botox im Schnitt um mehr als 50 Prozent zurückgehen. 1.384 Erwachsene mit chronischer Migräne wurden im Rahmen der Studien entweder mit Botox oder einem Placebo-Präparat behandelt, wobei sie alle 12 Wochen jeweils 31 bis 39 Injektionen in sieben Muskeln des Kopf-Halsbereichs erhielten. Dabei senkte sich die Zahl der monatlichen Kopfschmerztage durch die Behandlung mit Botox im Schnitt um 8,8 Tage. Auffällig ist jedoch, dass auch bei den mit Placebo-Injektionen behandelten Patienten, die Kopfschmerzen um 6,6 Tage bzw. 44 Prozent zurückgingen. Eine beachtlicher Placebo-Effekt, der verdeutlicht, dass Botox den Erfolg der Behandlung lediglich um knapp 15 Prozent steigert.
Zudem verschlechterte sich der Gesundheitszustand bei einem Prozent der mit Botox behandelten Testpersonen in der ersten Woche derart, dass sie ins Krankenhaus eingewiesen werden mussten. Auch traten im Rahmen der PREEMPT-Studien zahlreiche Nebenwirkungen wie Kopf- und Nackenschmerzen, Gesichtslähmungen, hängende Augenlider, Bronchitis sowie Muskelschwäche, -schmerzen und -spasmen auf. Die bei 62,4 Prozent der Teilnehmer nach Botox- und bei 51,7 Prozent nach Placebo-Injektionen zu verzeichnenden Nebenwirkungen, waren im Rahmen der Studie insgesamt jedoch lediglich milde bis mittelschwer. Auch die Zahl der Studienabbrecher war mit 3,8 Prozent zu vernachlässigen.
Stetig neue Anwendungsfelder für Botox
Trotzt der unter Mediziner durchaus verbreiteten Skepsis ist die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zur Freude des Herstellers „Allergan“ jetzt dem Vorbild der britischen Behörden gefolgt und hat als zweites Land Botox für den Einsatz bei chronischen Migräne-Patienten zugelassen. Auch für Deutschland ist ein entsprechender Antrag auf Zulassung geplant. Erstmals wurde der auf Basis des Bakteriengiftes Botulinumtoxin A entwickelte Wirkstoff in den USA bereits 1989 zur Behandlung von Lidkrämpfen und bestimmten Formen des Schielens zugelassen. Dabei machte sich die Medizin die Muskel-entspannende Wirkung des Neurotoxins zu Nutze. Ab 2002 wurde der selbe Effekt für kosmetische Behandlungen zur Glättung von Falten zwischen den Augenbrauen zugelassen. Im laufe der Jahre kamen zahlreiche weitere Behandlungsfelder hinzu. Mittlerweile ist Botox für 20 verschiedene Indikationen zugelassen und wird in 80 Ländern weltweit verwendet.
Auch in Deutschland ist zum Beispiel der Einsatz von Botox gegen Falten seit 2006 erlaubt. Für die neue Behandlungsmethode zur Migräne-Prophylaxe erfüllen nach Schätzung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie hierzulande weit mehr als eine Million Menschen die Einschlusskriterien. Insgesamt leiden in Deutschland etwa acht Millionen Menschen an Migräne, so die Angaben der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Die Botox-Behandlung ist jedoch ausschließlich auf chronische Migräne-Patienten beschränkt, da nach Angaben der FDA Botox bei Patienten, die weniger häufig an Migräne leiden, nicht wirkt.
Stärkstes natürliches Neurotoxin
In den Fachinformationen des Herstellers sind allerdings nicht ohne Grund Warnhinweise enthalten, in denen Ärzte und Patienten darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Wirkstoff, das stärkste bekannte natürliche Neurotoxin ist. Dieses könne nach der Injektion im Körper wandern, so dass generell lebensgefährliche Schluck- und Atembeschwerden möglich sind, so die Information des Pharmaherstellers. Dies hat die wachsende Zahl der dem Schönheitswahn Unterlegenen jedoch nicht von einer Behandlung abhalten können. Chronische Migräne-Patienten dürften einer entsprechenden Therapie sogar noch weitaus positiver gegenüber stehen, da sie sich meist an jeden Strohhalm klammern, der Aussicht auf ein paar mehr schmerzfreie Tage bietet. (fp, 20.10.2010)
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Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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