Cannabis-Anbau: Schwerkranker erreicht Teilerfolg vor dem Verwaltungsgericht. Bundesamt muss Eigenanbau neu bewerten.
22.01.2011
Ein an Multipler Sklerose (MS) erkrankter Kläger konnte vor dem Verwaltungsgericht Köln einen Teilerfolg erreichen. Nach einem abgewiesenen Antrag auf Selbstanbau von Cannabis beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte muss das Begehren des Patienten nun neu bearbeitet werden. Der vorige Ablehnungsbescheid wurde von den Richtern als rechtswidrig eingestuft. Dem Bundesamt wurde nun von dem Gericht auferlegt, neu über den Fall zu entscheiden.
In einigen Studien konnten positive Wirkungen des in Cannabis-Pflanzen enthaltenen Wirkstoffs THC nachgewiesen werden. Wissenschaftlich gut belegt sind beispielsweise muskelrelaxierende, beruhigende, stimmungsaufhellende, appetitanregende, antiemetische (Hemmung von Übelkeit), schmerzstillende, Bronchien erweiternde und Augeninnendruck senkende Wirkungen. Insbesondere bei Multiple Sklerose Patienten konnten entspannende und relaxierende Wirkungen der Muskeln festgestellt werden. Zudem eignen sich die Wirkstoffe zur Beruhigung und Linderung von Schmerzen. Daher strebt der Kläger eine Sondergenehmigung nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zum Eigenanbau von Cannabis an.
Positive Effekte zur Linderung von Beschwerden
Auch die behandelnden Ärzte des MS-Patienten bestätigen die positiven Wirkungen des regelmäßigen und jahrelangen Konsum von Cannabis. Der Konsum habe „günstige Effekte“ auf die Symptome des Patienten gehabt. Insbesondere konnten gute Ergebnisse im Bereich der Bewegungskoordination erzielt werden. Dennoch verwehrte das Bundesamt für Arzneimittel den Selbstanbau von Cannabis-Pflanzen. Die Bundesbehörde argumentierte, eine solche Genehmigung verstoße gegen das internationale Suchtstoffübereinkommen. Zudem sei ein eigener Anbau der Pflanzen zur medizinischen Versorgung des Patienten ungeeignet, da die Qualität der Wirkstoffe hierbei nicht offiziell nachzuweisen sind.
Bundesamt für Arzneimittel muss Zulassung neu prüfen
Das Verwaltungsgericht widersprach der grundsätzlichen Ablehnung des Bundesamtes. Der jahrelange Konsum des Patienten sei durchaus ein Beleg dafür, dass der Patient sich zu mindestens nicht selbst gesundheitlich schädige. Hinzukommend muss eine solche Genehmigung nicht zwingend mit einem Verstoß gegen das internationale Suchstoffabkommen abgelehnt werden. Tatsächlich gebe es für die Bundesbehörde sehr wohl einen Ermessensspielraum, auch im Rahmen des Abkommens. Die Behörde müsse prüfen, ob innerhalb des Spielraums die Interessen des Klägers angemessen berücksichtigt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da eine Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Münster zulässig ist. (sb)
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