Gesundheit: Übergewicht kann durch eine Virus-Infektion begünstigt werden?
(20.09.2010) Die Zusammenhänge zwischen falscher Ernährung, wenig Bewegung, genetischer Veranlagung und Übergewicht, sind hinreichend bekannt und wurden bereits in unzähligen Studien eingehend untersucht. Neu ist jedoch das Ergebnis zu dem US-Forscher von der University of California in San Diego in der aktuellen Online-Ausgabe des Fachmagazins „Pediatrics“ kommen: der humane Adenovirus-36 (AD-36) macht Infizierte adipös.
Im Rahmen der epidemiologischen Studie hat das Forscher-Team um Jeffrey Schwimmer 124 Kinder im Alter von acht bis 18 Jahren untersucht. Insbesondere der Zusammenhang zwischen Adipositas und dem Virus AD-36 war dabei für die Wissenschaftler von besonderem Interesse. So konnte bei knapp 80 Prozent der deutlich übergewichtigen Kinder AD-36 nachgewiesen werden. Damit wurden die Ergebnisse ältere Studien bestätigt, die bei rund 30 Prozent der adipösen Amerikaner Antikörper gegen das Virus nachgewiesen haben – bei schlanken Menschen hingegen nur elf Prozent. Der AD-36 gehört zur Familie der Adenoviren und verursacht im Regelfall Entzündungen der Lunge oder der Augen. Jedoch regten die Viren in Laborversuchen adulte Stammzellen dazu an sich in besonders große Fettzellen zu verwandeln.
An den vorgebrachten Studienergebnissen hagelt es allerdings gleich mehrfach Kritik, da zwar von den 19 mit AD-36 infizierten Kindern 78 Prozent übergewichtig waren, insgesamt allerdings 67 adipöse Kinder an dem Test teilnahmen und lange nicht alle AD-36 aufwiesen. D.h. Fettleibigkeit kann auch unzählige andere Ursachen haben und es ist zudem nicht klar ob AD-36 Übergewicht auslöst oder ob andersrum adipöse Menschen anfälliger für eine Infektion mit AD-36 sind und daher häufiger das Virus aufweisen. "Es könnte zum Beispiel sein, dass adipöse Menschen ein größeres Risiko haben, sich mit AD-36 zu infizieren", erläuterte auch Julian Hamilton-Shield von der University of Bristol gegenüber „BBC“. Klar ist, dass AD-36 nicht die einzige Einflussgröße bei Übergewicht ist und das zum Beispiel falsches bzw. übermäßiges Essen, Bewegungsmangel oder psychologische Belastungen ebenfalls zu Adipositas führen können.
Unabhängig von den Ursachen ist „diese Menge von überschüssigem Gewicht (…) für jedes Alter ein Anlass zur Sorge, aber besonders für ein Kind", warnt der Studienleiter Jeffrey Schwimmer. So kann Fettsucht mit zahlreichen späteren Problemen wie etwa Herz- und Leberleiden oder Diabetes zusammenhängen, wobei immer noch „viele Menschen glauben, dass Fettsucht die Schuld des Betroffenen oder seiner Eltern oder Familie ist", so Schwimmer. Ziel der Forscher ist es daher auch, darüber zu informieren, „dass die Entwicklung des Körpergewichts deutlich komplizierter ist, als angenommen." Schwimmer hofft, dass auf Basis der jetzigen Forschungsergebnisse einigen Übergewichtigen, insbesondere Kindern, ein Teil ihrer psychischen Belastungen genommen werden kann. Denn „es ist Zeit, dass wir uns davon verabschieden, andere zu beschuldigen“, erklärte der Fachmann. „Stattdessen (sollten wir) unser Verständnis vergrößern", fordert Schwimmer und auch wenn die aktuellen Ergebnisse erst noch durch weitere Studien bestätigt werden müssen, ist der Ansatz übergewicht-auslösender Viren in Zukunft keineswegs außer Acht zu lassen. (fp)
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Bildnachweis: RainerSturm / pixelio.de
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