Gesundheitsreform: Apotheken werden abkassiert
Die Kritik zur Gesundheitsreform kommt aus allen Richtungen. So sieht die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) eine überproportionale Belastungen der Apotheken und macht dies zu einem der zentralen Themen beim kommenden Deutschen Apothekertag in München. Dabei sind die Grenzen zwischen berechtigter Kritik und reiner Lobbyarbeit jedoch bisweilen recht schwammig.
ABDA – Präsident sieht Raubbau an den Apotheken
Der ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolff mahnte, dass „die Umstellung des Großhandelshonorars (…) nicht notwendig, sondern ein massiver Fehler“ sei. „Hier werden wir abkassiert“ und „Das ist ungerecht und unverhältnismäßig. Das ist Raubbau“, schimpfte Wolff über die geplanten Änderungen. Insbesondere die Umstellung der Großhandelsvergütung auf Basis des AMNOG ist den Apothekern ein Dorn im Auge. Dies bedeutet für die Apotheken eine Belastung von mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr, was deutlich mehr sei, als Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) angekündigt habe, betonte Wolff. „Das AMNOG hängt wie ein Damoklesschwert über den Apothekern. Es droht, die gesamte Arzneimittelversorgung auf den Kopf zu stellen“, fügte der ABDA-Präsident in einer aktuellen Presseerklärung hinzu.
Bundesgesundheitsministerium hat unsauber gerechnet
Ein wesentlicher Vorwurf in Richtung des Bundesgesundheitsministeriums ist, dass unsauber gerechnet worden sei. „Der Gesetzgeber muss dringend nachrechnen. Sonst werden die Belastungen ins Unermessliche gesteigert“, denn statt der anvisierten 175 Millionen Euro würden 630 Millionen Euro an Einsparungen zu Lasten der Apotheken generiert, erklärte Wolff. Dadurch würde seinen Berechnungen zufolge jährlich ein Minus von 23.000 Euro je Apotheke anfallen. Dies wäre das Ende der flächendeckenden wohnortnahen Versorgung in Deutschland, betonte der ABDA-Präsident.
Flächendeckende wohnortnahe Versorgung gewünscht
Auch Karl-Heinz Resch, ABDA-Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales mahnte, dass die geplante Reform die Leistungen der Apotheke gefährde. Eine Leistungskürzung ist für die Verbraucher jedoch nicht akzeptabel, wie eine aktuelle Forsa-Umfrage unter 1.000 Bürgern zeige, erklärte Resch. Demnach hätten neun von zehn Befragten den Notdienst und Botendienste als besonders wichtig bewertet und 87 Prozent wollten auf die flächendeckende Versorgung auf keinen Fall verzichten. Ebenso wichtig seien den Befragten Patienteninformation – 84 Prozent bewerteten diese als besonders wichtig – und Schutz vor Fälschungen (82 Prozent). So müsse die Regierung schon sagen an welcher Stelle die Apotheken Leistungen sparen sollen, um das drohende Defizit aufzufangen, erklärte Heinz-Günter Wolff. Dass dabei nicht an das Gehalt der Apotheker zu denken ist, ergibt sich aus den Äußerungen von Wolff, denen zufolge die sogenannten Funktionsrabatte bei der Umstellung des Apothekenhonorars längst berücksichtigt worden seien und wenn damals das Großhandelshonorar bereits umgestellt worden wäre, die Apothekerentgelte entsprechend höher angesetzt worden wären. So fordert der ABDA-Präsident die Regierungsparteien abschließend dazu auf, den Apotheken verlässliche faire Rahmenbedingungen zu bieten, damit sie ihre umfassenden Leistungen in der Arzneimittelversorgung aufrecht erhalten können. Die Vorschläge zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung, die von der ABDA und der Kassenärztliche Vereinigung vorgelegt wurden, sollten endlich berücksichtigt werden, verlangte Wolff – und plötzlich schien dann doch die Lobbyarbeit und nicht das Patientenwohl kurzfristig wieder an erster Stelle zu stehen. (fp, 06.10.2010)
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