Gesetzliche Krankenkassen fordern höhere Grundbeiträge. Nachdem zahlreiche gesetzliche Krankenkassen (GKV) von ihren Mitgliedern pauschale Zusatzbeiträge verlangen, fordert nun die größte deutsche Krankenkasse "Barmer GEK" die allgemeinen Beitragsätze der Versicherten anzuheben. Hintergrund dieser Forderung ist das zu erwartende Defizit der Krankenkassen, dass 2011 bei mehreren Milliarden Euro liegen wird.
(20.04.2010) Auf die GKV-Versicherten kommt in naher Zukunft allerhand hinzu. Erst werden die Mitglieder mit den neuen Zusatzbeiträgen verunsichert und nun wird eine Diskussion über eine Anhebung der Kassen Beiträge ins Leben gerufen. Außerdem steht noch immer die unsägliche und unsoziale Kopfpauschale im Raum, die vor allem von der FDP favorisiert wird. Hintergrund der neuen Debatte ist ein Milliarden schweres Defizit, dass die Krankenkassen einfahren. So hat das Bundesversicherungsamt kürzlich das Finanzdefizit für das Jahr 2011 auf 15 Milliarden Euro geschätzt. Schon für das Jahr 2010 wird ein Defizit von 4 Milliarden geschätzt. Trotz der Zusatzbeiträge wird das Defizit nicht aufgefangen werden können. Die Zusatzbeiträge würden nach Schätzungen der Krankenkassen gerade einmal 10 Milliarden Euro ausgleichen. Beitragszahler müssen sich also zukünftig schon einmal darauf vorbereiten, insgesamt mehr Geld für die gesundheitliche Versorgung ausgeben zu müssen. Wenn nicht in diesem, dann wahrscheinlich im nächsten Jahr.
Im Zeichen der Zeit fordert nun die größte deutsche Krankenkasse "Barmer GEK" eine Beitragserhöhung des allgemeinen Krankenkassen Beitragssatzes. Auch von anderen Krankenkassen kam für diese Forderung Unterstützung. So sagte stellvertretende Vorstandsvorsitzende der AOK in Bayern, Walter Schwarz gegenüber "Welt Online": "Vor dem Hintergrund des für das Jahr 2011 erwarteten dramatischen Defizits aller gesetzlichen Krankenkassen ist eine Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes unumgänglich". Prompt kam dazu eine Antwort aus dem Bundesgesundheitsministerium: "In diesem Jahr wird der Gesamtbeitrag nicht erhöht", so eine Sprecherin. Dann wohl im nächsten Jahr?
Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dass nun auch weitere gesetzliche Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben wollen. So berichtete das "Handelsblatt", dass auch die AOK demnächst pauschale Beiträge zusätzlich erheben will. Derzeit werde bei der AOK weder dementiert noch kommentiert.
Vor dem Hintergrund der zu erwartenden höheren Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat sich auch der deutsche Arbeitgeberverband (BDA) in die laufende Debatte eingeschaltet. So schlug man in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vor, einfach die Leistungen von insgesamt 10 Milliarden Euro zu kürzen. Ehepartner, so der Vorschlag, sollen nur dann kostenfrei mitversichert werden, wenn sie Kinder im Haushalt erziehen. Außerdem soll jedes Mitglied eine pauschale Prämie von insgesamt 245 Euro im Monat zahlen. Scharf kritisiert wird dieser Vorschlag vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Der DGB fordert die Rückkehr zur paritätischen Beitragsfinanzierung und wendet sich entschieden gegen die Vorschläge einer Kopfpauschale. So sagte Annelie Buntenbach vom DGB Vorstand: "Die Vorschläge der BDA zielen im Wesentlichen darauf ab, die Leistungen der GKV einzuschränken, die Zuzahlungen sowie Praxisgebühren zu erhöhen und den Versicherten noch 10 Milliarden Euro mehr aus der Tasche zu ziehen. Schon heute tragen die Versicherten Extra-Belastungen von 15 Milliarden Euro pro Jahr durch den Arbeitnehmer-Sonderbeitrag von 0,9 Prozent, Zuzahlungen und die Praxisgebühr. Eine Erhöhung dieser Sonderbelastungen der Versicherten auf 25 Mrd. Euro im Jahr ist nichts als phantasielose Abzocke, mit der sich die Arbeitgeber aus der Verantwortung für die Finanzierung der GKV stehlen wollen."
Buntenbach stellte klar, dass das Defizit der Krankenkassen auch anders zu regeln sei. Wenn die Arbeitgeber den vollen Krankenkassen-Beitragssatz zahlen würde und der Bund angemessene Beiträge zum Beispiel für Hartz-4-Bezieher zahlen würde, wären die zu befürchtenden Defizite der GKV in 2010 und 2011 mehr als gedeckt. Die nächsten Tage wird es sich zeigen, wie die Bundesregierung reagieren wird. Bislang konnte FDP-Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler seine Vorstellungen von einer Kopfpauschale auch innerhalb der Bundesregierung nicht durchsetzen. (sb)
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