Ärzte der IPPNW widersprechen der Bundesregierung: Neben den Krebsfällen ist auch die Mädchengeburten- Rate in der Region um Asse signifikant niedriger, als anderswo.
07.12.2010
Die Ärzteorganisation IPPNW widerspricht der Darstellung der Bundesregierung, die gehäuften Krebserkrankungen in der Asse-Region seien reiner statistischer Zufall. Denn neben den Leukämie– und Schilddrüsenkrebserkrankungen seien zudem deutlich weniger Geburten von Mädchen festgestellt worden. Nach Angaben der Ärzte sei dieses Ergebnis signifikant. Von einem Zufall zu sprechen und dies als Ursache zu benennen erscheint aus Sicht der Mediziner als „extrem unwahrscheinlich“.
An der statistischen Auswertung waren Kusmierz, Voigt und Scherb beteiligt. Sie haben die die Geschlechtsverteilung der lebend geborenen Kinder auch in Remlingen von 1971-2009 (Beginn des Asse-Betriebs: 1965) untersucht. Statt der statistisch zu erwartenden Relation 105 Jungen : 100 Mädchen fand sich das signifikant veränderte Verhältnis 125 : 100. In der Asse-Betriebsphase plus ein Jahr Nachlauf (1971-1979) ist das Zahlenverhältnis mit 142 : 105 noch deutlicher. Der Statistiker Dr. Hagen Scherb, Helmholtz-Institut München, sagte hierzu: “Das Geschlechtschancenverhältnis beträgt 1.35, d.h. in dieser Phase wäre theoretisch jedes 4. Mädchen verloren gegangen, falls nur Mädchen betroffen waren.”
Für die Ärzteorganisation sind die fehlenden Mädchengeburten ein weiterer Hinweis auf mögliche Auswirkungen der ionisierende Strahlenbelastung der Region um das marode Asse-Atommülllager. Erst eine im Oktober 2010 vorgelegte Untersuchung hatte den Rückgang von Mädchengeburten im Umfeld von Atomanlagen in der Schweiz und Deutschland ergeben. Vergleichbare Ergebnisse wurden auch nach der Tschernobyl-Katastrophe festgestellt. Die Experten vermuten, dass weibliche Keimanlagen empfindlicher auf atomare Strahlungen reagieren, als männliche. „Möglicherweise kann die Verschiebung der Geschlechtsrelation bei Geburt als ein biologischer Indikator für ionisierende Niedrigstrahlung angesehen werden.“, wie es hieß.
Nach Ansicht der IPPNW solle das Umweltministerium veranlassen, das Deutsche Kinderkrebsregister (DKKR) in Mainz aufzufordern, die bislang unter Verschluss gehaltenen Kinderkrebszahlen für die Samtgemeinde Asse zu veröffentlichen. Alle Krebserkrankungen werden zentral in Mainz erfasst. Bislang sind nur die Krebserkrankungs-Zahlen für Erwachsene bekannt gegeben worden. (sb)
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