Die PKV streitet derzeit mit Ärzten über stetig steigende Honorare. Die Kosten für die ambulante Behandlungen seien seit 2001 für Privatpatienten um 41 Prozent gestiegen. Der Bundesverband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) fordert nun eine Vertragsfreiheit, die seperate Verhandlungen ermöglichen. Die Ärzte kündigen hingegen Widerstand "mit allen Mitteln" an.
09.12.2010
Am heutigen Donnerstag ist ein heftiger Streit zwischen den Ärzten, Zahnärzten und der Privaten Krankenversicherung ausgebrochen. Die PKV drängt darauf, zukünftig die Honorare frei auszuhandeln. Für die Ärzteschaft sind die Vorschläge eine „ernsthafte Gefährdung der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland“. Die PKV wolle ihren Gewinn durch separate Verhandlungen erhöhen und von den eigenen Problemen ablenken, wie es in einer gemeinsamen Erklärung der Bundesärztekammern hieß.
Behandlungen von Privatpatienten fast doppelt so teuer
Die Kosten steigen vor allem bei den ambulanten Gesundheitsmaßnahmen niedergelassener Ärzte. In den letzten zehn Jahren sei nach Angaben des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen (PKV) ein sattes Ausgabenzuwachs von 41 Prozent zu verzeichnen. Denn unter den zunehmenden Kosten leiden nicht nur die gesetzlichen Krankenkassen, sondern seit einiger Zeit auch die privaten Versicherungsanbieter. So sind die Ausgaben für ambulante medizinische Behandlungen pro Kopf in den letzten zehn Jahren von ursprünglich 583 Euro (1999) auf 822 Euro (2009) angestiegen. Die wachsenden Ärztehonorare lagen damit über dem allgemeinen Preisanstieg von 17 Prozent und auch über den Kostensteigerungen der gesetzlichen Krankenkassen (24 Prozent). In der GKV entwickelten sich die Ausgaben pro Kopf in diesen zehn Jahren von 297,- auf 370,- Euro. „Das kann nicht ungebremst so weitergehen. Dafür kämpfen wir im Interesse unserer Versicherten. Denn sie müssen sonst am Ende die Zeche bezahlen.“ sagte Reinhold Schulte,Vorsitzender des PKV-Verbandes. Für einen Privat-Versicherten rechnen die Ärzte mittlerweile ein doppelt so hohes Honorar ab, wie bei Kassenpatienten.
PKV Verband fordert Vertragsfreiheit zwischen Ärzte und Versicherungen
Die Bundesregierung plant nun eine Reform der ärztlichen und zahnärztlichen Gebührenordnungen. So sagte Reinhold Schulte,Vorsitzender des PKV-Verbandes: „Vor allem bei der Jahrzehnte alten Gebührenordnung für Ärzte ist der dringende Reformbedarf offenkundig. Die GOÄ hinkt dem medizinischen Fortschritt hinterher, enthält nicht nachvollziehbare Bewertungen der ärztlichen Leistungen und gibt überdies Fehlanreize zu medizinisch nutzlosen Mengenausweitungen. Die private Krankenversicherung fordert deshalb eine grundlegende Strukturreform der GOÄ.“ Die PKV dringt nun auf eine massive Kostenbremse bei den Ärzte-Honoraren. So solle zukünftig eine Vertragsfreiheit zwischen Versicherungsanbietern und Ärzte geben. Die Ärzte kritisieren ihrerseits, dass eine solche Vertragsfreiheit das staatlich vorgegebene Gebührensystem teilweise aushebeln würde. Die Ärztevertreter sprechen daher von einer neuen „Discountklausel“ und kündigen ihrerseits heftigen Widerstand an.
Bundesregierung hält sich vorerst aus dem Streit raus
Bislang hat sich das Bundesgesundheitsministerium aus dem Streit heraus gehalten. Allerdings wird seit einigen Wochen an einer neuen Gebührenordnung für Zahnärzte gefeilt, ohne dass genaue Details abgeklärt sind. So erklärte der parlamentarische Staatssekretär Daniel Bahr, eine Gebührenordnung für Ärzte sei in Arbeit. „Im Zuge dieser Reform werden wir uns dann mit den Details beschäftigen.“
PKV will von eigenen Problemen ablenken
Die Ärzte und Zahnmediziner sehen in den Vorschlägen der PKV eine „ernsthafte Gefährdung der medizinischen Versorgung in Deutschland“. Mit solchen einzeln ausgehandelten Verträgen wollen die Versicherer die gesetzliche Gebührenordnung untergraben und von den selbst verschuldeten Problemen ablenken. Laut einer heute gemeinsam vorgestellten Erklärung der Bundesärztekammer und der Bundeszahnärztekammer seien für die hohen Ausgabenseite bei der PKV auch die „exorbitant hohen Maklerprovisionen“ verantwortlich.
Stattdessen würden die privaten Krankenversicherungen mit irreführenden Parolen wie „echten Wettbewerb schaffen“ für die Öffnungsklausel ein. „De facto wäre aber genau das Gegenteil der Fall“, so BZÄK-Präsident Dr. Engel, „die Umsetzung einer Öffnungsklausel, die letztendlich nichts anderes als eine `Discountklausel´ sei, führe in der Realität zu einem ruinösem Preiswettbewerb zwischen den Medizinern, zu weniger Behandlungsqualität durch Kostendruck und einseitiger Abhängigkeit der vertraglich gebundenen Ärzte von der PKV.“ „Die freie Arztwahl der Patienten und die Therapiefreiheit der Ärzte würden sukzessive dem Preisdiktat und den einseitigen Sparvorgaben der PKV zum Opfer fallen“, ergänzte DGVP-Präsident Wolfram-Arnim Candidus. Beide Ärzteverbände kündigten ab, gegen die vorgeschlagene Klausel „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ anzugehen, so die Ankündigung der Ärztevertreter.
Der PKV-Verband betonte hingegen, dass mit dem Vorschlägen niemand etwas aufgezwungen werde. Vielmehr solle es daraum gehen, eine Vereinbarung zu schließen, die für beide Seiten akzeptabel ist. Allerdings müsse es auch ein Ziel sein, dass Ärzte nicht höhere Kosten für gleiche Gesundheitsleistungen verlangen können, nur weil ein Patient privat krankenversichert ist. (sb)
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Bild: Benjamin Klack / pixelio.de
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