Bundesregierung überhäuft PKV mit Geschenken: Zwangsrabatte bei Arzneimitteln soll im Zuge der Gesundheitsreform auch für die Private Krankenversicherung gelten.
(06.09.2010) Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Privaten Krankenversicherungen (PKV) zukünftig die gleichen Arzneimittelpreise zahlen, wie die Gesetzlichen Krankenkassen. Schon lange hatten die Privaten Kassen gefordert, auch von den Zwangsrabatten bei den Arzneimittel zu profitieren. Ein weiteres Mal zeigt die Bundesregierung, dass sie die Schwächung der Gesetzlichen Krankenkassen forciert.
Ständig neue Geschenke an die Privaten Krankenversicherungen, jedenfalls ist es das, was man annehmen muss, wenn wieder neue Details über die geplante Gesundheitsreform offen gelegt werden. Nach Angaben der „Financial Times Deutschland“ plant das Bundesgesundheitsministerium, dass private und gesetzlichen Krankenkassen die selben Preise für neue Medikamente zahlen müssen. Bislang waren die gesetzlichen Krankenkassen bei der Preisgestaltung bevor teilt, da sie nicht vordergründig wirtschaftlich agieren, sondern eine Gemeinschaft nach dem Solidarprinzip ist. Doch das soll sich nun mehr ändern und ist auch ein erklärtes Ziel der FDP.
Derzeit handelt der Bundesverband der gesetzlichen Krankenkassen mit den Pharmaherstellern Preise und Konditionen aus. Diese Preise gelten dann für die Kassenpatienten, nicht jedoch für die privaten Versicherer. Die PKV – da sie ein Wirtschaftlich agierendes Unternehmen ist – muss weit aus höhere Preise für Medikamente zahlen. Doch genau das will die Bundesregierung ändern.
Protest an diesen Planungen hagelt es von allen Seiten. So kritisiert die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller Cornelia Yzer, eine solche Änderung heißt, "dass staatliche Preisgestaltungen zugunsten privater Kassen wirken". Yzer sieht das Existenzrecht der Privaten Krankenversicherungen in Frage gestellt. Es bahne sich der Weg in die Einheitsversicherung. "Wenn künftig aus übergeordneten Gründen Sozialrecht auf private Versicherungen angewendet werden kann und soll, wäre die Politik tatsächlich auf dem Weg in die Einheitsversicherung."
Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), Dr. Bernd Wegener kritisierte bereits in der vergangenen Woche, "Seit Jahren kämpft die Private Krankenversicherung zu Recht dagegen, gesetzlich an die GKV angeglichen zu werden. Jetzt verhöhnt sie ihre eigene Politik und fordert – wo es den eigenen Gewinnen dient – genau das“ – eine gesetzliche Gleichstellung, erklärte Dr. Wegener. „Genauso gut könnte auch ein Zwangsrabatt für Kraftfahrzeuge eingeführt werden, so der Verbandschef.
Doch die Einführung eines Zwangsrabatts für Arzneimittel ist nicht das Einzige, was die Bundesregierung zu Gunsten der PKV plant. Die Gesetzlichen Krankenkassen sollen zukünftig regelrecht „ausbluten“. Denn Wahltarife wie Chefarztbehandlung oder Einzelbettenbelegung in Krankenhäusern sollen ebenfalls ab dem ersten Januar nur noch den Privaten Kassen vorbehalten bleiben. Zudem sollen Besserverdiener schneller und einfacher in die PKV wechseln können. Damit wird entscheidend das Sozialprinzip der Krankenkassen in Frage gestellt. Denn wenn immer mehr „Gutverdiener“ den gesetzlichen Krankenkassen den Rücken kehren, verschlechtert sich auch fortlaufend die finanzielle Situation der Kassen. Letztendlich müssen die Verbliebenen Kassenpatienten die Zeche mit immer höheren Beiträgen und Zusatzbeiträgen zahlen.
Ferner plant die Bundesregierung im Zuge der Gesundheitsreform eine „engere Kooperation“ zwischen Gesetzlichen und Privaten Krankenversicherern durchsetzen. So sollen beide Arten der Krankenversicherung perspektivisch gemeinsame Geschäftsstellen unterhalten und Leistungen für Krankenversicherte zu den selben Konditionen einkaufen können.
Es ist demnach offensichtlich, dass eine Schwächung der gesetzlichen Krankenkassen forciert werden soll, um die Gesundheitsversorgung der Menschen immer weiter zu privatisieren. Der Staat will sich damit aus dem solidarischen Gesundheitswesen immer weiter zurück ziehen. Gut zusammen gefasst hat es Dr. Wegener: „die Klientelpolitik der FDP geht weiter." (sb)
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