Peter Sawicki: Schwere Kritik an Praktiken im Arzneimittelwesen
Der nur noch bis August tätige Leiter des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Peter Sawicki hat in der Frankfurter Rundschau (FR) über Hintergründe seiner Nicht- Vertragsverlängerung und Einsichten aus seiner Arbeit am Institut gesprochen. Er erhob dabei schwere Vorwürfe gegen Kreise in der Pharmaindustrie. Nach seinen Angaben verfügt die Pharmaindustrie nicht über genügend fortschrittliche Medikamente. Im Raum steht auch der Vorwurf der Einflussnahme auf die Entscheidung, dass der als industriekritisch geltende Sawicki, keine Vertragsverlängerung beim IQWiG bekam.
Insgesamt vertritt Sawicki die Ansicht, dass für Pharmafirmen der rein ökonomische Nutzen im Vordergrund stehe. So würden Medikamente in der Entwicklung vernachlässigt, die für Krankheiten geringen Ausmaßes und somit auch geringen Absatzes und Verdienstes stehen würden, wie zum Beispiel bei Enzymdefekten bei Kleinkindern. Einer ethischen Verantwortung werde sich hier nicht genügend gestellt.
Es sollten keine Studien unterschlagen, nicht bestochen und nicht betrogen werden. Er plädierte indirekt dafür, Kräfte in der Industrie zu unterstützen, die für mehr Transparenz und eine Wendung zum Besseren stünden. Desweiteren sieht Sawicki in der Unabhängigkeit des Leiters eine der Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Fortführung der Arbeit am IQWiG.
Das IQWiG wurde von Sawicki seit 2004 geleitet. Das mittlerweile auch international anerkannte Institut wurde von der damaligen rot- grünen Bundesregierung ins Leben gerufen, um unabhängig Vor- und Nachteile von medizinischen Leistungen zu bewerten. Negative Entscheidungen des IQWiG in Bezug auf Medikamente oder medizinische Leistungen, können bedeuten, dass die Kosten dafür nicht (mehr) von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden. Eine solche Entscheidung kann für herstellende Firmen massive finanzielle Verluste zur Folge haben.
Peter Sawicki gilt als entschiedener Vertreter einer Bewertung von medizinischen Leistungen nach wissenschaftlichen Kriterien einer evidenzbasierten Medizin. Kurz vor der Entscheidung über seine Vertragsverlängerung durch den Vorstand waren in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) Vorwürfe aufgetaucht, wonach Sawicki fehlerhafte Abrechnungen von Dienstwagen und Spesen getätigt haben soll. In den vielen Medien wurden die Vorwürfe weitergetragen und als Grund für die Nichtverlängerung seines Vertrages angegeben.
Der Vorstand des Instituts, der gegen eine Vertragsverlängerung Sawickis gestimmt hatte, setzt sich aus zwei Vertretern des GKV- Spitzenverbandes, dem Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), dem Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), dem FDP- Mann Stefan Kapferer, zusammen.
Der DKG- Hauptgeschäftsführer Georg Baum (FDP) hatte nach einem Artikel von Spiegel Online schon im vornherein verlauten lassen, „Sawickis Vertragsverlängerung verhindern zu wollen“. Nach Aussagen von Sawicki in dem Interview mit der FR hatte das Magazin „Stern“ berichtet, „dass eine Pharmafirma einen PR-Mann auf Sawicki angesetzt hatte, der versuchte, "belastendes Material" über ihn bei den Medien unterzubringen.“ (Thorsten Fischer, Heilpraktiker Osteopathie, 07.02.2010)
Weitere Informationen:
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Autoren- und Quelleninformationen
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