Tarifwechsel bei der privaten Krankenversicherung
Wer die Private Krankenversicherung wechselt, kann unter Umständen finanzielle Vorteile erwirken und sparen. Denn die Beiträge der PKV steigen im Alter um das Dreifache.
(23.09.2010) Viele, vor allem ältere Privat Krankenversicherte beklagen die immer höheren Beiträge ihrer Krankenversicherung. Zwar erhöhen sich auch die Beiträge der gesetzlichen Krankenkassen, bei den privaten Anbietern sind die Beitragserhöhungen zum Teil sehr drastisch. Steigt man heute als Mitte Dreißigjähriger in die Private Krankenversicherung (PKV) ein, zahlt man weit aus weniger, als in der Gesetzlichen. Doch spätestens im Rentenalter ist es mit der Ersparnis vorbei. Teilweise erwarten den Versicherten Dreifach so hohe Versicherungsbeiträge, als noch Beginn des Tarifs. Viele PKV-Versicherte berichten, dass sie teilweise 600 bis 800 Euro im Monat für ihre Krankenversicherung zahlen müssen.
Warum werden die PKV-Beiträge immer höher?
Zum einen liegt es an dem demografischen Wandel unserer Gesellschaft. Die Menschen werden immer älter und werden im Alter länger und intensiver medizinisch versorgt. Arzneimittel und Behandlungskosten werden immer komplexer und damit auch teurer. So ist der technische Fortschritt in der Medizin auf der einen Seite ein Vorteil für die Menschen, auf der anderen Seite steigen die Kosten im Gesundheitswesen immer mehr.
Ein anderer wesentlicher Grund für die Beitragserhöhungen sind die sogenannten Lockangebote der PKV Tarife. Um Kunden zu gewinnen legen die privaten Versicherer fortlaufend neue Tarife auf. Diese Tarife sind zunächst im Vergleich zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung unschlagbar günstig. In den neuen Tarifen finden sich vor allem junge Beitragszahler, die wenig Kosten verursachen. Tarife die schon länger auf dem Markt sind, werden irgendwann geschlossen, weil immer mehr Kranke in dem Tarif versichert sind. Spätestens zu dieser Zeit wird dann der Tarif geschlossen. Das bedeutet, es werden speziell für dieses PKV Angebot keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen. Alle die in diesem Tarif krankenversichert sind, bleiben nun „unter sich“. Um so älter nun die dort verbliebenen Kunden werden, um so höher werden dann die Beiträge gestaltet. Auf einmal sehen sich die Versicherten mit der Situation konfrontiert, weitaus höhere Beiträge zahlen zu müssen. Teilweise steigen die PKV-Beiträge um das Drei- oder Vierfache. Viele PKV Anbieter leiden zudem unter alten Tarifen aus den 1970er und 1980er Jahren. Damals wurden viele Faktoren und Risiken nicht mit einberechnet. Diese Alttarife weisen durch die Nichtbeachtung der steigenden Kosten auch immer höhere Beiträge auf.
Tarifwechsel innerhalb der PKV
Die Versicherten können sich gegen diese Situation kaum wehren. Denn wer in einem solchen Tarif „gefangen“ ist, der kann auch nicht zu einem anderen PKV-Anbieter wechseln. Die gesammelten Altersrückstellungen bleiben zum Teil bei dem alten Versicherer. Die Altersrückstellungen werden dazu genutzt, die zu erwartenden höheren Kosten im Alter aufzufangen. Wer dennoch zu einem anderen Anbieter wechseln will, wird bemerken, dass die Beiträge fast identisch gleich hoch sind. Denn die Rückstellungen fürs Alter sind in dem neuen Tarif nicht enthalten. Ein Ausweg könnte ein Tarifwechsel bei dem gleichen Krankenversicherer sein. Möglich macht dieser Wechsel das Versicherungsvertragsgesetz. Nur wenn neue PKV-Tarife mehr Gesundheitsleistungen bietet, darf die PKV auch eine erneute Gesundheitsprüfung verlangen.
Doch ein Wechsel innerhalb des selben Unternehmens ist nicht gern gesehen. Denn die alten Tarife werden durch einen Wechsel finanziell geschwächt und bei den neuen Tarifen besteht die Gefahr, dass dadurch die Kosten und somit auch die Beiträge in die Höhe getrieben werden. Aus diesem Grund geben die Versicherer nicht gern Auskunft darüber, welche alternativen Tarife angeboten werden können. Vor allem dann nicht, wenn der Versicherte bereits höheren Alters ist.
Probleme beim PKV Tarifwechsel
Wenn die Versicherer nun keine Auskunft geben, besteht die Möglichkeit im Internet entsprechende Angebote des eigenen Versicherers zu vergleichen. Mit entsprechenden Angeboten kann man nun zu seinem Versicherer gehen und einen Tarifwechsel einfordern. Dabei sollte man sich nicht sofort ab wimmeln lassen. Vor einiger Zeit versuchten nämlich die PKV Versicherungen einen Tarifwechsel durch einen hohen Aufschlag zu verhindern. Doch das dürfte nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorüber sein. Zuschläge sind laut Urteil mit dem Aktenzeichen AZ: 8C 42.09 nicht mehr erlaubt. Zudem dürfen die Anbieter auch keine erneute Gesundheitsprüfung verlangen, wenn der gewünschte Tarif nicht mehr bzw. bessere Leistungen bietet, als der davor. Entscheidend ist der gesundheitliche Zustand bei Aufnahme des Kunden, der bei dem alten Tarif festgestellt wurde.
Will die private Krankenversicherung mit allen Mitteln ein Wechsel verhindern, so sollten sich Betroffene entweder an die Verbraucherzentrale wenden, oder einen Ombudsmann für die private Krankenversicherung einschalten. Ein Ombudsmann hat die Aufgabe einen Rechtsstreit durch eine Einigung beider Parteien zu vermeiden. Allerdings sind an die Empfehlungen der Schiedsstelle weder der Anbieter noch der Versicherte gebunden. Es werden lediglich "Empfehlungen" ausgesprochen. Einen Ombudsmann erreicht man bundesweit unter der Telefonnr. 01802/550444. Konnte keine Einigung oder Kompromis erzielt werden und bleibt die PKV weiterhin stur, so hat man auch die Möglichkeit eine Beschwerde bei der Finanzaufsicht "BaFin" einzulegen. Im letzten Jahr beschwerten sich 1757 Versicherte über ihre private Krankenversicherung.
Sparen beim Tarifwechsel
Doch wie kann man bei einem Tarifwechsel sparen? Es gibt wesentliche Einsparpotenziale die zunächst überprüft werden sollten. Dabei sollte man genau prüfen, welche Gesundheitsleistungen wichtig sind und welche eher vernachlässigt werden können. Beispielsweise gibt es erhebliche Einsparpotenzen bei den zusätzlichen Leistungen wie Einzelzimmer in Krankenhäusern oder Chefarztbehandlung. Spart man sich zum Beispiel das Einzelbett, so können durchaus zwischen 10 bis 50 Euro im Monat an Beiträgen eingespart werden. Eine weitere Option ist die Minderung der Erstattung-Beiträge. Wer hier eine Minderung bei Brillen, Zahnbehandlungen und weiteren Hilfsmitteln in Kauf nimmt, kann ebenfalls hohe Beträge einsparen.
Wichtige Zusatzoptionen
Wichtig ist, dass der PKV Vertrag bei den Ärztehonoraren bis zum Höchstsatz der Gebührenordnung reicht (das 3,5-Fache). Die Erstattung von Psychotherapie sollte mit 20 Behandlungen bereits in dem Vertrag inklusive sein. Denn ansonsten können die Kosten bei einer längeren Erkrankung schnell das eigene Budget sprengen. Man sich also sehr genau überlegen, welche Gesundheitsleistungen wirklich notwendig sind und welche eher vernachlässigt werden können. Das kommt auf die eigene, individuelle Situation des Versicherten an.
In der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben?
Steht man aufgrund verschiedener Umstände vor der Wahl entweder in der gesetzlichen Krankenkasse zu verblieben oder in eine Private Krankenversicherung zu wechseln, sollte auch diese Schritt genau überdacht werden. Verschiedene Leistungen werden nämlich überhaupt nicht in der PKV angeboten. Wer beispielsweise eine Familie gründen will, sollte sich bewußt sein, dass es in der PKV keine Beitragsfreie Familienversicherung gibt. Das bedeutet, dass Kinder und nicht erwerbstätige Ehefrauen oder Ehegatten nicht kostenlos mitversichert werden können. Hier sollte noch einmal genau nach gerechnet werden, ob sich ein Wechsel in die PKV lohnt. Auch hier bieten die Verbraucherzentralen ihre Hilfe an und berechnen die Beiträge auf lange Sicht im Voraus.
Bewertung der Privaten Krankenversicherung
Das Image der PKV ist nach wie vor gut. Laut einer Umfrage schneidet die PKV gegenüber der GKV relativ gut ab. 73 Prozent der Befragten empfinden die Leistungen der PKV als Umfangreicher. 51 Prozent befanden das Preis-Leistungsverhältnis als positiv. 73 Prozent gehen davon aus, dass die PKV auch in Zukunft eine gute medizinische Versorgung anbieten wird. Bei der GKV waren nur 45 Prozent dieser Auffassung. Doch das sind Umfrageergebnisse, die nichts über die Qualität und tatsächlichen Leistungen aussagen. (sb, fp)
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