Stiftung Warentest: Wann sich eine Zusatzversicherung für Zahnersatz tatsächlich lohnt
17.04.2012
Seit Anfang des Jahres gilt die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Hochwertig angefertigter Zahnersatz wird teurer. Nach Schätzungen der schwarz-gelben Bundesregierung nehmen die Zahnärzte im laufenden Jahr hierdurch etwa 345 Millionen Euro mehr Honorarzahlungen ein. Die Stiftung Warentest hat einige Zusatzversicherung für Zahnersatz genauer unter die Lupe genommen und erklärt, wann überhaupt eine solche Versicherung in Frage kommt und wie die einzelnen Anbieter abschnitten.
Christian B. möchte endlich seine alten Amalgamfüllungen los werden und diese durch ein Inlay ersetzen. Schließlich steht Amalgam aufgrund des hohen Quecksilbergehalts im Verdacht, Gesundheitsgefährdend zu sein. Daraufhin berechnet der Zahnmediziner seine Tätigkeit nach der neuen Gebührenordnung für Zahnärzte. Inklusive der Kosten für das Labor legt der Zahnarzt dem Patienten eine Rechnung von 650 Euro vor. Als Christian B. die Kosten bei der Krankenkasse einreicht, übernahm diese nur 46,00 Euro. Den Rest musste Herr B. selbst zahlen. „Hätte ich von den hohen Kosten gewusst, die ich nunmehr allein zahlen muss, hätte ich sicher die Behandlung noch einmal überdacht.“
Wenige Anbieter schnitten mit „sehr gut“ ab
Für derartige Situationen gibt es nur zwei Alternativen. Entweder der Patient behält die Amalgamfüllung oder er schließt in weiser Voraussicht eine Zusatzpolice ab. Doch laut Stiftung Warentest lohnt sich eine solche Zusatzversicherung nur für Verbraucher, die sich bei ihrem Zahnersatz nicht auf kostengünstigere Therapien beschränken wollen. Doch das Angebot ist groß und kaum übersehbar. Allein die Zeitschrift „Finanztest“ der Warentester hat insgesamt 147 Tarifangebote verschiedener Versicherungen verglichen. Dabei haben die Tester oft erhebliche Unterschiede zwischen Tarifen und Anbietern festgestellt. Im Ergebnis zeigte sich, dass nur 33 Zusatzversicherungen die Note „sehr gut“ erhielten. 23 Tarife bekamen hingegen das Prädikat „ausreichend“. Die restlichen schnitten mit „gut“ oder „befriedigend“ ab.
Die Besten übernehmen auch teure Zahnersatzbehandlungen
Die am Besten beurteilten Policen zahlen auch sehr aufwendigen Zahnersatz mit Honorarzahlungen von 3000 Euro. Allerdings übernehmen die Versicherer nicht die gesamten Kosten, sondern nur bis zu einem Betrag von 2300 Euro. Wer keine Zusatzversicherung hat, kann höchstens eine Zuzahlung von etwa 387 Euro von den gesetzlichen Krankenkassen erwarten. Laut Testurteil bieten die meisten Zahnersatzleistungen die Tarifoptionen ZEVp+ZEH+ZIV der Deutschen Familien Versicherung (DFV) sowie ZAB+ZAE+ZBB und ZAB+ZAE+ZBB+ZBE, die von dem Konzern Neckermann und der Ergo Direkt Versicherung in gleicher Weise angeboten werden.
Wer auf derart luxuriösen Zahnersatz pocht, muss auch viel für die Zusatzpolice bezahlen. Die Tarifangebote kosten beispielsweise für einen 43jährigen Versicherungsnehmer gut 33 Euro pro Monat. Um so älter der Versicherte wird, um so höher steigen auch die Preise. Ein 73jähriger zahlt dann schon über 40 Euro pro Monat.
Auch günstige Angebote erreichten gute Bewertungen
Vier günstigere Angebote erreichten bei der Analyse ebenfalls die Note „sehr gut“. Das sind die Tarife EZ+EZT der HanseMerkur und central.prodent der Central sowie DT85 der DKV und ZZ Premium Plus der Huk-Coburg. Alle Tarife kosten bis zu 25 Euro monatlich, wenn der Versicherungsnehmer etwa 40 Jahre alt ist.
Es geht jedoch noch günstiger, wie die Tarife von vitaZ3 der Central, Allianz ZahnPlus und HanseMerkur EZ+EZE zeigen. Diese Versicherungen zahlen zwar nicht so viel, schneiden aber dennoch bei den Testungen relativ gut ab. Laut der Stiftung Warentest sind die genannten Policen bereits für acht Euro zu haben. Die teuerste in diesem Segment kostet 15 Euro je Monat für einen 43-Jährigen.
Preis sagt nicht immer etwas über Leistungen aus
Der Preis allein bestimmt nicht die Qualität der Zahnzusatzversicherung, wie der Test zeigte. Die Police der Gothaer (Tarif ZEG+MediProphy) kostet nur 17 Euro. Die Leistungen schnitten allerdings bei der Vergleichsstudie nicht so gut ab und wurden durch die Zeitung „Finanztest“ nur mit einem „ausreichend“ benotet. Beispielsweise wird für Inlays und Implantate keine Kostenerstattung unternommen, berichten die Tester.
Zahnersatzversicherung zahlen nicht immer
Wurde durch den Zahnarzt bereits behandlungsbedürftige Zähne entdeckt, so zahlt die Versicherung nicht, wenn diese erst nach der erstellten Diagnose abgeschlossen wurde. Versicherte müssen mindestens acht Monate nach Abschluss einer Versicherung warten, bis diese die Kosten für einen Zahnersatz anteilig übernimmt. Darüber hinaus sind je nach Vertrag in den ersten Jahren nach Abschluss der Police die Leistungen meist begrenzt. So sichern sich die Versicherungskonzerne ab, um nicht nur im akuten Behandlungsfall in Anspruch genommen zu werden. Deshalb gilt, erst eine „Versicherung abzuschließen und dann eine Zeit warten, bis vertragsrechtlich eine Übernahme gestattet wird“.
Auch wer bereits eine Zusatzpolice besitzt, sollte vor Inanspruchnahme einer Zahnersatzleistung prüfen, ob die Vertragsbedingungen noch greifen. Der Experte Holger Rohde von "Finanztest" rät deshalb, zur nachträglichen Prüfung der Verträge. Manchmal kann sich ein Wechsel lohnen, da ältere Tarife in einigen Fällen „deutlich weniger als die neuen Angebote der Versicherer" leisten. Eine alte Versicherung kann nach Ablauf der Mindestendlaufzeit, die meist zwei Jahre beträgt, mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende des Versicherungsjahres gekündigt werden. Bei laufenden Behandlungen sollte von einem Wechsel aber unbedingt Abstand genommen werden, da der Versicherte von einem neuen Tarif noch keine Zahnersatzleistung finanziert bekommt. Vor einer Kündigung sollten Verbraucher unbedingt abwarten, ob der neue Anbieter auch einer Aufnahme zustimmt. Ansonsten kann es sein, dass im Anschluss kein Versicherungsschutz mehr besteht, weil keine Police mehr besteht.
Vorsicht bei Werbeversprechen
Die Versicherungsanbieter werben mit hohen Quoten bei ihren Erstattungen. Potentielle Versicherungsnehmer sollten sich „davon nicht blenden lassen“, mahnt Rohde. Laut des Experten wirbt der Anbieter Axa damit, seinen Kunden 100 Prozent zu erstatten. Bei genauer Überprüfung kommen die 100 Prozent nur zustande, weil der Zuschuss der Krankenkasse aus der Regelversorgung berechnet wird. Das bedeutet, wenn 3000 Euro für ein Implantat fällig werden, zahlt die Versicherung nur 387 Euro. In dieser Höhe zahlt auch die Krankenkasse einen Zuschuss. Den Rest muss der Versicherte trotz Zahnersatzversicherung selbst bezahlen. Alle weiteren Testergebnisse und Urteile sind in der neuen Ausgabe der Zeitschrift Test zu lesen. (sb)
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