Forscher nutzen natürliche Toxine als Arzneimittel
09.09.2011, 17:02
Die Toxine von Schlangen, Quallen, Spinnen, Skorpionen, Echsen und anderen Tieren können in der richtigen Dosierung effiziente Wirkstoffe gegen verschiedenste Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Beschwerden, chronische Schmerzen, Herzattacken, Bluthochdruck oder Schlaganfälle sein.
Unter Bezug auf eine Liste der hoch toxischen Naturheilstoffe in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Chemical & Engineering News“ nennt „Welt“ zahlreiche Beispiele tierischer Gifte, die in der Medizin zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden können. Demnach enthält zum Beispiel der Speichel der in den südwestlichen USA vorkommenden Gila-Krustenechse das Eiweiß Exendin, welches nach dem Biss starke Schmerzen hervorruft, in geringer Dosierung jedoch den Insulinhaushalt von Diabetikern regulieren kann. Pharmaforscher machen sich die natürlichen Eigenschaften der tierischen Toxine zu Nutze, um diese gezielt zur Bekämpfung von Krankheiten einzusetzen.
Tierische Gifte helfen bei zahlreichen Erkrankungen
Die aus tierischen Giften gewonnen Medikamente seien oftmals äußerst effektiv und bei der richtigen therapeutischen Dosierung im Mikro- oder Nanogramm-Bereich meist relativ nebenwirkungsarm, berichten das Fachjournal „Chemical & Engineering News“. Die Pharmaforscher nutzen dabei spezielle Eigenschaften der Toxine. So kann zum Beispiel ein natürliches Gift, das den Herzmuskel lähmt, auch zur Behandlung von Herzrasen verwendet werden. Toxine, die die Blutgerinnung hemmen und nach einem Biss dazu führen würden, dass das Opfer verblutet, lassen sich zur Vermeidung der Blutklumpenbildung einsetzen und verhindern so Hirnschläge und Herzinfarkte. Von den Tieren werden die hoch toxischen Substanzen zur Verteidigung oder für die Jagd benötigt, beim Menschen können sie jedoch in der richtigen Dosierung zur Bekämpfung verschiedenster Krankheiten beitragen. Seit Jahren forschen Chemiker, Mediziner und Pharmakologen daher in der Natur nach neuen Wirkstoffen, die bei der Behandlung von Patienten nutzen können.
Sämtliche tierischen Toxine basieren auf sogenannten Peptiden, die sich aus aneinandergereihten Aminosäuren zusammensetzen. Diese auch als Bausteine menschlicher Proteine dienenden Aminosäuren werden vom Organismus jedoch relativ schnell abgebaut, so dass entsprechende Medikamente nur über einen äußerst begrenzten Zeitraum ihre Wirkung entfalten können. Wissenschaftler weltweit arbeiten daher intensiv an Möglichkeiten, die den Abbau der Peptide im Körper verlangsamen. Dabei setzten sie unter anderem auf eine Ergänzung der Peptide durch anhängende Seitenketten. Diese sollen als eine Art Barriere für die angreifenden Verdauungsenzyme dienen, um den Abbau der Peptide zu verlangsamen und den Arzneimitteln die Möglichkeit zu geben, ihre volle Wirkung zu entfalten. Die Pharmaforscher nutzen die natürlichen Toxine als Ausgangsbasis und optimieren diese anschließend bezügliche der Wirksamkeit und den Nebenwirkungen, berichtet „Welt“.
Tierische Toxine äußerst präzise und selektiv
Als Beispiel solcher natürlichen Wirkstoffe nennt das Nachrichtenportal das starke Gift bestimmter Kegelschnecken, welches die Nervenleitung blockiert und so bei der Behandlung chronischer Schmerzen helfen soll. Außerdem können „Welt Online“ zufolge die Toxine der Sandrasselotter, Lanzenotter und Zwergklapperschlange schwere unstillbare Blutungen verursachen, schützen jedoch gleichzeitig vor Herzattacken, Bluthochdruck und Schlaganfällen. Die meisten der tierischen Toxine erfüllen laut Aussage der Experten eine äußerst wichtige Voraussetzung zur Entwicklung effizienter Arzneimittel. Sie wirken äußerst präzise und selektiv, so dass unerwünschte Nebenwirkungen und Schädigungen gesunden Gewebes vermieden werden können. Ein weiteres Beispiel für den medizinischen Nutzen der tierischen Toxine ist das Gift der Pfeilgiftfrösche. Dieses potenziell tödliche Toxin verursacht normalerweise schwere Krämpfe und Lähmungen, zeigt jedoch in richtiger Dosierung eine deutlich schmerzlinderndere Wirkung als beispielsweise Morphin. Angesichts der aktuellen Forschungsberichte scheint es fast so, als hätte die Natur für jedes Leiden einen entsprechenden Wirkstoff zur Verfügung und die Wissenschaft hat bisher nur noch nicht alle entdeckt. (fp)
Bild: Nadja / pixelio.de
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