Urteil gegen Narkosearzt wieder verschoben. Hat ein Narkosearzt die ärztliche Sorgfaltspflicht verletzt und damit den Tod eines zweijährigen Kindes provoziert?
Kein Urteil gegen den 57-Jährigen Narkosearzt am Landgericht Halle: Ein Arzt muss sich derzeit wegen einer Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht verantworten. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, bei einem zweijährigen Kind im Januar 2009 während eines medizinischen Eingriffs ein falsches Narkosegerät verwendet zu haben. Die Verteidigung stellte weitere Beweisanträge, einem dieser Anträge folgten die Richter und setzten den nächsten Verhandlungstag auf den 17. November.
Vollnarkose bei Karies-Behandlung?
Dem Mediziner Ronald R. wird vorgeworfen, im Januar 2009 bei einem zweijährigen Jungen während einer Karies-Behandlung mit Hilfe eines falschen Gerätes, eine Vollnarkose angewendet zu haben. Nach der Behandlung war das Kind aus der Narkose nicht mehr aufgewacht und verstarb zwei Tage später in einem Krankenhaus. Die Todesursache: Während der Narkose war das Kind einem erheblichen Sauerstoffmangel ausgesetzt.
Am ersten Tag der Gerichtsverhandlung schilderte die 46-Jährige Mutter emotional sehr aufgewühlt und aufgebracht die Geschehnisse von damals. Ihr Sohn litt zu jener Zeit unter Karies. Aus diesem Grund sei sie mit ihrem Sohn mehrmals bei einer Zahnärztin gewesen. Doch ihr Kind wollte für die Zahnbehandlung jedes mal nicht den Mund öffnen. Die Ärztin habe daraufhin den kleinen Patienten an einen Spezialisten überwiesen. Der Anwalt der Kindesmutter warf während der Verhandlung dem Narkosearzt massives Fehlverhalten vor: "Es ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen worden, wenn Sie bei einem Kleinkind mit leichtem Zahnschaden Vollnarkose geben.", sagte der Anwalt. Zudem habe der Mediziner seine ärztliche Sorgfaltspflicht verletzt. Die Eltern des verstorbenen Kindes fordern laut Medienberichten 50.000 Euro Schmerzensgeld von dem Narkosearzt.
Wurde ein falsches Narkosegerät verwendet?
An sich war das Urteil schon für Donnerstag erwartet worden. Da der Prozess nun erneut verschoben wurde, ist noch unklar, wann ein abschließendes Urteil ergeht. Bei der nächsten Verhandlungstag wird der Hausmeister der Zahnarztpraxis als Zeuge angehört. Die Befragung des Zeugen wurde durch die Verteidigung beantragt. Die weitere Zeugenvernehmung soll nun klären, ob sich zum Zeitpunkt des Eingriffes neben einem verwendeten Narkosegerät "Medimorph", das keine TÜV-Zulassung hatte, auch noch ein Zusatzgerät befand, welches, so der Anwalt der Verteidigung, gewisse Defizite bei der Datenerfassung, die das "Medimorph"-Gerät hat, ausgeglichen habe. Das Monitorgerät "Vizor 10", das die CO2-Sättigung des Blutes des Patienten überwachen kann, soll von dem Mediziner verwendet worden sein, argumentierte der Anwalt. Die Befragung des Hausmeisters soll nun klären, ob dies der Fall war.
Dem Arzt drohen bis zu 15 Jahre Haft
Die Richter des Landesgerichts schlossen nicht aus, am nächsten Verhandlungstag auch die Plädoyers abhalten zu lassen. Bei einer Verurteilung wegen einer Körperverletzung mit Todesfolge drohen dem Angeklagten bis 15 Jahre Haft. Sollte der Arzt wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden, drohen ihm bis zu fünf Jahre Gefängnis. Der letzte Verhandlungstag wurde auf den 18 November verlegt. (sb, 31.10.2010)
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Bild: Peter Kirchhoff / pixelio.de
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