Gesundheitssytem: Rösler will gesetzlich Krankenversicherte schröpfen? Heute findet die Anhörung zum Finanzierungsgesetz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesetz) statt. Im Zuge dessen warnt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Bundesregierung davor, einen "Systemwechsel in der Gesundheitsversorgung" zum Nachteil der Versicherten vorzunehmen.
Die Gewerkschaft wirft dem Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor, vor allem im Sinne der Pharmaindustrie und der Ärztelobby zu agieren. "Mit diesem Gesetzentwurf will sich Gesundheitsminister Rösler offenbar als Schutzheiliger der Pharma- und Ärztelobby verewigen. Das KV-Finanzierungsgesetz ist ein Patienten-Ausplünderungsgesetz geworden. Das provoziert den Widerstand aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke.
Nach den Plänen des Bundesgesundheitsminister sollen die GKV Versicherten zukünftig für die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen in Form von Zusatzbeiträgen aufkommen, ohne dass sich die Arbeitgeber nach dem paritätischem System beteiligen. Daher sprechen Sozialverbände und Gewerkschaften von einer "Kopfpauschale durch die Hintertür". Der Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Krankenversicherung wird ab 2011 auf 7,3 Prozent eingefroren. Gleichzeitig sollen Patienten Behandlungskosten durch niedergelassene Ärzte selbst bezahlen und sich hinterher – im Regelfall nur einen Teil – ihrer Auslagen von den Krankenkassen erstatten lassen. Die Krankenkassen sollen ab dem ersten Januar 2011 selbst bestimmen können, ob und wie hoch die Zusatzbeiträge ausfallen können. Zusatzbeiträge werden pauschal erhoben, unabhängig von den regulären Krankenversicherungsbeiträgen.
Rösler betont, dass das sogenannte "Vorkasse-Arzt-Modell" nicht zur Pflicht für die Bürger werden soll. Patienten sollen zukünftig selbst wählen, welches Modell sie favorisieren. Verbraucherverbände sehen darin allerdings den Beginn einer „Drei-Klassen-Medizin“. So könnte es passieren, dass zunächst Privatpatienten und die Vorkasse Patienten bei der Gesundheitsversorgung bevorzugt werden. Die regulär Versicherten hätten nach Ansicht der Verbraucherzentralen zukünftig das Nachsehen und müssten sich auf eine ungleiche Behandlung beispielsweise bei der Vergabe von Arztterminen einstellen. "Mit dieser Art der Klientelpolitik zugunsten niedergelassener Ärzte nimmt Herr Rösler Kranke und Hilfsbedürftige in wirtschaftliche Geiselhaft", sagte die Gewerkschaftlerin. Paschke stellte klar: "Am Sachleistungsprinzip darf nicht gerüttelt werden!" Diese Errungenschaft sorge dafür, dass medizinisch notwendige Leistungen ohne den Blick auf die finanziellen Mittel des Versicherten unternommen werden. "Eine umfassende Gesundheitsversorgung darf nicht zum Privileg der Reichen werden, sondern muss allen Bürgern offen stehen", argumentierte Paschke.
Bei den geplanten betrieblichen Aktionswochen, die in ganz Deutschland stattfinden, will die Gewerkschaft das Thema Gesundheitsversorgung zum Schwerpunkt machen. Verdi fordert ein funktionierendes Gesundheitssystem, dass mehr anstatt weniger Solidarität in Zukunft benötigt. Nur so könne die gesetzliche Krankenversicherung gestärkt und geschützt werden. (25.10.2010, sb)
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