Pläne zur Vorkasse bei Arztbesuch: Rund 25 Prozent der Arztpraxen müssten schließen, falls das von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler favorisierte Kostenerstattungs-Modell eingeführt wird.
Die von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) geplante Vorkasse beim Arztbesuch könnte die Schließung von rund 25 Prozent der Arztpraxen zur Folge haben. Dennoch spricht sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) für die Einführung des neuen Kostenerstattungsmodells aus.
Rund 25 Prozent der Arztpraxen werden schließen müssen.
Andreas Köhler, Chef der KBV erklärte im Gespräch mit der „Rheinischen Post“: „Ich gehe davon aus, dass sich bei flächendeckender Kostenerstattung die Zahl der Arztpraxen um rund 25 Prozent reduzieren wird." Denn wenn gesetzlich Versicherte die Kosten ihrer Behandlung erst auslegen und anschließend erstattet bekommen, liegt ein Teil der Kostenkontrolle auch in ihrer eigenen Hand. Sie werden ihre Rechnung genauer prüfen, was den Wettbewerb unter den Ärzten nach Ansicht des Fachmanns stark verschärfen wird. So geht Köhler davon aus, dass die Arztbesuche um etwa 20 bis 25 Prozent zurückgehen werden, wodurch langfristig rund 25 Prozent der Arztpraxen schließen müssten.
Erhöhter Wettbewerbsdruck zur Effizienzsteigerung.
Trotzdem plädiert der KBV-Chef für das Modell der Kostenerstattung, denn „bislang lastet die Kostensteuerung immer auf dem Arzt.“ Er „halte es aber für notwendig, dass auch der Versicherte Eigenverantwortung übernimmt“, erklärte Köhler. Mit der flächendeckenden Kostenerstattung werden den Versicherten die Kosten ihrer Behandlung besser bewusst gemacht, was den Wettbewerb unter den Ärzten stärke und „wenn sich die Zahl der Arztbesuche reduziert, müssen die Ärzte stärker um ihre Versicherten werben.“ Dieser Erhöhung des Wettbewerbsdrucks ist nach Ansicht Köhlers auch ein konstruktives Element zu Steigerung der Effizienz im Gesundheitssystem. Die siebzehn Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland haben 153 895 Mitglieder, 137.416 Ärzte und 16.479 psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten.
Die Gesetzliche Krankenkassen lehnen Vorkasse-Modell ab.
Der Vorstoß des Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, stößt bei den gesetzlichen Versicherungen hingegen auf massiven Widerstand, da sie einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand befürchten und keine wirkliche Verbesserung der Situation für die Patienten erkennen können. Zudem legen die Patienten selber großen Wert auf eine flächendeckende Versorgung, wobei in Frage gestellt werden muss, ob diese mit 25 Prozent weniger Arztpraxen noch zu gewährleisten ist. Die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung, Doris Pfeiffer, geht in ihrer Kritik noch weiter. „Die Hoffnung, dass Kostenerstattung zu niedrigeren Kosten führt, ist eine Illusion." erklärte sie kürzlich im Interview mit der Frankfurter Rundschau (FR). Pfeiffer ergänzte, dass die Argumente der KBV nicht verwunderlich seien, da „die Ärzte (sich) erhoffen, sich dadurch sämtlichen Steuerungsinstrumenten zu entziehen. Menschen in Notlagen kann man natürlich leichter dazu überreden, unnötige Leistungen zu bezahlen, als die Krankenkassen in Verhandlungen auf Augenhöhe.“ Außerdem birgt das Modell auch einige Risiken für die Ärzte, da sie das alleinige Risiko tragen, wenn die Behandlungskosten von den Patienten nicht beglichen werden. (fp, 11.10.2010)
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Bild: Günther Richter / pixelio.de
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