Forschern ist erstmals gelungen das Geheimnis zu lüften, warum manche Menschen trotz einer HIV-Infektion nicht an der Immunschwächekrankheit Aids erkranken. Hieraus entwickeln sich weitere Chancen für einen Impfstoff.
Forscher sind dem Geheimnis, warum manche Menschen trotz HIV-Infektion nicht an AIDS erkranken auf die Spur gekommen. Der Schlüssel liegt wie so häufig in den Genen, doch die Studienergebnisse machen auch Hoffnung in Bezug auf die Entwicklung eine Impfstoffs.
HIV-Controller erkranken nicht an AIDS
Nicht alle HIV-Infizierte erkranken an Aids, denn bei etwa einem von dreihundert Patienten bricht die Immunschwächekrankheit nicht aus bzw. der Virus wird erfolgreich durch die körpereigenen Abwehrkräfte bekämpft. Warum diese sogenannten HIV-Controller ohne Medikamente oder Behandlung trotz HIV-Infektion nicht an Aids erkranken, war für die Wissenschaft bislang ein Rätsel. Ein internationales Forscherteam ist jetzt jedoch zu der Erkenntnis gekommen, dass der Grund in den Genen liegt und konnte erstmals die Erbanlagen bestimmen, welche Grundlage für eine erfolgreiche Bekämpfung der Immunschwächekrankheit durch die körpereigenen Widerstandskräfte sind.
300 Genvarianten machen den Unterschied
Das internationale Forscherteam um Florencia Pereyra von der Universität Harvard, USA hat im Rahmen einer umfassende Studie das Erbgut von fast 1.000 HIV-Controllern und 2.600 anderen HIV-Patienten eingehend untersucht und die Studienergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Science“ veröffentlicht. Dabei ergab die Analyse des Erbguts der Controller, dass diese rund 300 Genvarianten aufweisen, welche das Immunsystem jene Zellen erkennen lässt, die mit dem AIDS-Erreger befallen sind, so dass eine erfolgreiche Bekämpfung durch das Immunsystem möglich wird.
Genvarianten der HL-Antigene entscheidend
Die entdeckten Genvarianten sogenannte Einzelnukleotid-Polymorphismen (engl. Single Nucleotide Polymorphisms) befinden sich alle auf dem Areal des Chromosoms 6, das die HL-Antigene (Human Leukocyte Antigen) umfasst, wobei die HL-Antigene von HIV-Controllern nach Aussage der Wissenschaftler besonders ausgeprägt waren. Zudem wiesen die HL-Antigene bei ihnen Veränderungen auf, die in direktem Zusammenhang mit der Produktion der HLA-Proteine stehen. Diese HLA-Proteine sind Eiweiße, die unter anderem in infizierten Zellen Bruchstücke von Viren an sich binden und an der Zelloberfläche präsentieren, so dass die Körperabwehr diese als Eindringlinge erkennen kann. „Frühere Studien haben (bereits) gezeigt, dass bestimmte Gene für die Kontrolle von HIV wichtig sind, die mit dem HLA-System zu tun haben. Aber sie konnten nicht genau zeigen, welche Gene beteiligt sind und wodurch die Unterschiede im Verlauf der Infektion zustande kommen“, erklärte der Co-Autor Paul de Bakker vom Brigham and Women’s Hospital im Rahmen des „Science“-Artikels.
Das Protein HLA-B bekämpft den HI-Virus
„Unser Ergebnis deutet nicht nur auf ein spezielles Protein, sondern sogar auf eine Region des Eiweißes, welche dessen Funktion entscheidend beeinflusst“, so Paul de Bakker. In Bezug auf die erfolgreiche Erkennung und Bekämpfung des HI-Virus sind dabei die Gen-Areale für sechs Aminosäuren, welche bei der Bildung des Proteins HLA-B benötigt werden, besonders wichtig. So ist HLA-B bei den HIV-Controllern ein wenig anders aufgebaut, wobei fünf der sechs Aminosäuren direkt an den Bindestellen liegen, welche die sogenannten Viruspeptide aufnehmen. „Die Aminosäure an der Bindestelle von HLA-B beeinflusst seine Form und Struktur und sorgt wahrscheinlich dafür, dass manche Peptide wirksam präsentiert werden und andere nicht“, erklärte Paul de Bakker im „Science“-Artikel. Und sein Forscherkollege Bruce Walker, Leiter des Ragon Institute, fügte hinzu: „Von den drei Milliarden Bausteinen im menschlichen Genom sorgen nur eine Handvoll für den Unterschied zwischen jenen, die trotz einer HIV-Infektion gesund bleiben, und jenen, die ohne Therapie an Aids erkranken.“
Hoffnung auf HIV-Heilmittel
Die Erkenntnisse der Forscher könnten die Wissenschaft auf der Suche nach einem Heilmittel gegen AIDS weit voranbringen, so die einstimmige Reaktion der Fachwelt auf die „Science“-Veröffentlichung . Doch „es ist noch ein langer Weg, bis wir diese Erkenntnisse in eine Therapie für Patienten oder die Entwicklung eines Impfstoffes umsetzen können“, betonte Bruce Walker. Der Fachmann hob allerdings gleichzeitig hervor, dass die Forschung mit den Ergebnissen „dennoch einen großen Schritt weitergekommen" ist. (fp, 05.11.2010)
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