Drogenbeauftragte: Immer mehr Frauen sind von einer Alkoholsucht betroffen. Die Entwicklung wird von der Bundesregierung mit großer Sorge betrachtet.
Rund 1,3 Millionen Menschen sind in Deutschland alkoholabhängig, davon schätzungsweise 370.000 Frauen. Zudem greifen auch Kinder und Jugendliche immer häufiger zu alkoholischen Genussmittel. Eine Entwicklung die nicht nur von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung mit Sorge gesehen wird.
Frauen immer häufiger von Alkoholsucht betroffen
Während bisher überwiegend Männer von der Alkoholsucht betroffen waren, ist der Anteil alkoholabhängiger Frauen in den letzten Jahren massiv angestiegen. So warnt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP) aktuell neben Jugendlichen und Kindern insbesondere Frauen vor den negativen Folgen und dem Suchtpotenzial des Alkoholkonsums. Da die Organe bei Kinder und Jugendliche noch nicht voll ausgereift sind und der Alkohol bei ihnen besonders schwere gesundheitliche Folgen haben kann, wendet sich die Drogenbeauftragte regelmäßig mit mahnenden Worten an sie. Eine explizite Warnung in Richtung der Frauen ist jedoch ungewöhnlich und zeigt wie dringend nach Ansicht von Mechthild Dyckmans gehandelt werden muss. So stand bei der diesjährigen Jahrestagung der Drogenbeauftragten, vor allem das Problem weiblicher Alkoholabhängigkeit im Mittelpunkt.
Bis zu 20 Prozent der Frauen trinkt zu viel Alkohol
Eine in ihrem Auftrag durchgeführte Studie habe gezeigt, dass in bestimmten Bevölkerungsschichten und Altersklassen bereits zwanzig Prozent der Frauen zu viel Alkohol konsumieren und auch bei jungen Mädchen ein gefährlicher Trend zu beobachten ist, erklärte die Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans. Nach ihrer Aussage ist bei rund jeder fünften Frau im Alter zwischen 45 und 54 Jahren ein zu hoher Alkoholkonsum festzustellen, so dass diese Altersklasse als besondere Risikogruppe anzusehen ist.
Mehr als 12 Gramm reinen Alkohol am Tag sind gesundheitsgefährdend
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung kann ihre Argumente zwar nicht auf Vergleichszahl aus den Vorjahren stützen, sieht allerdings dennoch einen besorgniserregenden Anstieg beim weiblichen Alkoholkonsum. Insbesondere die Tatsache, dass der weibliche Stoffwechsel empfindlicher auf Alkohol reagiere, wird dabei nach Ansicht von Mechthild Dyckmans viel zu wenig beachtet. Basierend auf verschiedenen wissenschaftlichen Berechnungen geht Dyckmans davon aus, dass ab einem Konsum von etwa zwölf Gramm reinem Alkohol am Tag (ca. 0,3 Liter Bier) ein erhebliches gesundheitliches Risiko besteht. Aufgrund der besonderen Sensibilität ihres Stoffwechsels gegenüber Alkohol, ist bei entsprechendem Alkoholkonsum das Risiko an einer Leberzirrhose oder Brustkrebs zu erkranken für Frauen wesentlich höher.
Viele Frauen verzichten auch in der Schwangerschaft nicht auf Alkohol
Besonders kritisch ist der laut Dyckmans relativ verbreitete Alkoholkonsum auch während der Schwangerschaft zu beurteilen. So sind nach Aussage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) nur zwei von zehn Frauen dazu in der Lage, in der Schwangerschaft überhaupt keinen Alkohol zu trinken. "Deshalb kommen in Deutschland zu viele Kinder mit dem Fetalen Alkoholsyndrom zur Welt", erläutert Dyckmans, was sich in geistigen Behinderungen, aber auch Aufmerksamkeits- und Verhaltensstörungen äußern kann und die Kinder ein Leben lang zeichnet. Dabei haben jüngste Studien belegt, dass selbst der Konsum geringster Mengen Alkohol für das ungeborene Kind fatale gesundheitliche Folgen haben kann.
Mädchen besonders gefährdet
Dass sich unter den Jugendlichen vor allem die Mädchen oft hemmungslos betrinken, führt der Diplom-Psychologe Michael Klein von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Köln auch auf die besonderen Suchtgefahren für Töchter alkoholabhängiger Mütter zurück. So sind ca. 1,3 Millionen Mädchen von der Alkoholabhängigkeit eines Elternteils betroffen, wobei eine Alkoholsucht der Mutter (aufgrund ihrer Vorbildfunktion), das Risiko einer Suchterkrankung für die betroffenen Töchter um das 16-fache erhöht wohingegen sich das Risiko bei Jungen lediglich verdreifacht. So mussten im Jahr 2008 ca. 2.400 Mädchen im Alter zwischen 10 und 15 Jahren mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden, gegenüber rund 2.100 gleichaltrigen Jungen. Vor dem Hintergrund dieser relativ hohen Zahlen der Alkoholvergiftungen unter Jugendlichen insgesamt kritisierte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung auch, dass die Kontrollen des Jugendschutzgesetzes „offenbar nicht greifen“.
Präventionsmaßnahmen müssen gezielt auf Frauen ausgerichtet werden
Neben den bereits gesendeten neuen Werbespots zur Warnung vor den negativen Folgen des Alkoholkonsums kündigte Mechthild Dyckmans verschiedene weitere Maßnahmen an, die nicht nur bessere Angebote in der Alkoholprävention und -therapie sondern auch eine gezielte Ausrichtung der Präventionsmaßnahmen auf Frauen umfassen sollen. "Wir müssen die besonderen Anforderungen von Frauen berücksichtigen", betonte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung.
Die Alkoholsucht bei Männern und Frauen verursacht nach Angaben des Robert-Koch Instituts (RKI) pro Jahr etwa 24,4 Milliarden Euro Kosten. Das RKI rechnet dabei alle anfallenden Kosten zusammen, die in einem direkten Zusammenhang zur Alkoholsucht stehen. So werden Frühverrentung, Behandlungskosten und Arbeitsunfähigkeiten mit eingerechnet. (fp)
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