Erhöhte Krebsrate in der Asse Region
EKN: Krebserkrankungen im Umfeld des maroden Atommülllagers Asse kein Zufall
17.12.2010
Im Gegensatz zum Bundesumweltministerium kommt das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsens (EKN) zum dem Ergebnis, dass die erhöhte Anzahl der Krebserkrankungen in der Samtgemeinde Asse kein Zufall sein kann. Wodurch die zahlreichen Leukämie- und Schilddrüsenkrebs-Erkrankungen tatsächlich ausgelöst wurden, soll nun im Rahmen einer umfassenden Untersuchung geklärt werden.
Krebspatienten im Asse-Umfeld werden detailliert untersucht
Der Wolfenbütteler Landrat Jörg Röhmann (SPD) hat im Anschluss an die zweite Sitzung der Asse-Arbeitsgruppe bekannt gegeben, dass alle Krebspatienten in der Samtgemeinde Asse in den kommenden Tagen einen Fragebogen erhalten, um zu erörtern, welche Faktoren für die erhöhte Anzahl von Krebsfälle im Umfeld des Atommülllagers Asse in Frage kommen. Jeder krebskranke Einwohner der Gemeinde, der sich bei den Behörden meldet bzw. gemeldet hat, soll in dem Fragebogen zum Beispiel Angaben zu seinen Arbeitsstellen, früheren Wohnorten, Lebensalter, Tabak- und Alkoholkonsum sowie Krebsfällen in der Familie machen. Außerdem sollen die Betroffenen anschließend zusätzlich noch einmal ausführlich zu ihren Erkrankungen befragt werden, erklärte der Landrat Jörg Röhmann (SPD). Das EKN hatte erst kürzlich bekannt gegeben, dass in der Samtgemeinde Asse die Zahl der Leukämiefälle zwischen 2002 und 2009 doppelt so hoch und die Zahl der Schilddrüsenkrebsfälle dreimal so hoch lag, wie im statistischen Mittel. Neben der Strahlenbelastung könnten nach Ansicht des EKN zum Beispiel auch die intensive Landwirtschaft, die Mülldeponie eines Chemieunternehmens oder das Braunkohlekraftwerk Buschhaus Auslöser für deutlich erhöhte Anzahl der Leukämie und Schilddrüsenkrebs-Erkrankungen sein. Um die Ursachen der Krebserkrankungen zu ermitteln, soll daher jeder einzelne Krebspatient in der Samtgemeinde Asse genau untersucht werden, erklärte Jörg Röhmann.
Meldepflicht für Krebserkrankungen geplant
Beim Gesundheitsamt des Landkreises Wolfenbüttel hätten sich bisher insgesamt 80 Krebskranke gemeldet, die nun im Rahmen der Auswertung untersucht werden sollen, so die Aussage des Wolfenbütteler Landrat. In den anderen Landkreisen rund um das marode Atommülllager Asse sei jedoch bei der Auswertung der Zahlen des Krebsregisters aus den Jahren 2002 bis 2009 kein auffälliger Anstieg der Krebserkrankungen beobachtet worden, was ihn „ein Stück weit erleichtert“ habe, erklärte Röhmann. Zwar sei zum Beispiel in der Samtgemeinde Oderwald, südlich der Region Asse, die Zahl der Leukämie-Erkrankungen ebenfalls erhöht, dies sei aber nach Aussage des Landesgesundheitsamts statistisch nicht signifikant. Um die Datenlage zu verbessern und künftig derartige Häufungen von Krebserkrankungen in einer Region frühzeitig erkennen zu können, denke das niedersächsische Gesundheitsministerium über eine generelle Meldepflicht für Krebserkrankungen nach, erklärte das EKN. Denn bisher würden nur rund 50 Prozent der Krebsdiagnosen tatsächlich erfasst. Das EKN will in Zukunft die Auswertung der Krebsfälle flächendeckend in allen niedersächsischen Gemeinden durchführen.
Bundesamt für Strahlenschutz: Rückhol-Konzept bleibt unverändert
Während die verschiedenen Behörden und das Bundesumweltministerium noch mit der erhöhten Anzahl von Krebsfällen beschäftigt sind, wobei Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) äußerst bemüht scheint, jeglichen Zusammenhang mit dem maroden Atommülllager zu verwerfen, erreicht bereits die nächste Hiobsbotschaft die Öffentlichkeit. Die Menge der radioaktiven Flüssigkeit im Atommülllager Asse ist stark angestiegen und hat sich unter Tage vor der Kammer 8 verdoppelt. Ein Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz sprach von einer „neue Qualität“ des Vorfalls, da erstmals von außen kommendes Zutrittswasser in Kontakt mit einer Lagerkammer für radioaktiven Abfall gelange. Kritiker wie Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis befürchten, dass die eingelagerten Atommüllfässer durch die Feuchtigkeit aufgelöst werden könnten und betont daher die Dringlichkeit der geplanten Rückholung des Atommülls aus dem ehemaligen Salzbergwerk. Dabei sei das Rückhol-Konzept jedoch zu überdenken, da sich „in den Kammern (…) ein Gemisch aus Fässern, Atommüll und kontaminiertem Salz“ befindet, erklärte Dettmann. Daher „ist zu überlegen, ob man nicht auch mit Löffelbaggern, statt allein mit Greifern arbeitet“, so das Mitglied des Asse-II-Koordinationskreises. Das seit dem 01. Januar 2009 als Betreiber für den Betrieb und die Stilllegung der Anlage verantwortliche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) geht jedoch davon aus, dass die Pläne zum Herausholen der Fässer trotz des Anstiegs der radioaktiven Flüssigkeit nicht angepasst werden müssen. „Das Sicherheitskonzept muss nicht verschärft werden, wir sind schon vom Worst Case ausgegangen“, betonte der Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz am Mittwoch in Salzgitter. (fp)
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