Behandlungsfehler: Ärzte amputieren falsches Bein und landen vor Gericht.
Zwei österreichische Ärzte müssen sich in Innsbruck vor Gericht verantworten, weil sie einer 91-jährigen Dame das falsche Bein amputiert haben. Die Anklage lautet fahrlässige Körperverletzung bzw. fahrlässige Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen.
91-jähriger Patientin wurde das falsche Bein amputiert
Der 91-jährigen Patientin musste aufgrund einer schweren Gefäßerkrankungen ein Bein amputiert werden. Am 16. Juni wurde im Krankenhaus in St. Johann (Bezirk Kitzbühel) alles für eine entsprechende Operation vorbereitet, doch am Ende hatten die Mediziner das falsche Bein amputiert. Die von der Staatsanwaltschaft eingeleitete anschließende Untersuchung ergab, dass einer der angeklagten Mediziner einen fehlerhaften OP-Plan erstellt und der andere vor der Operation eine falsche Markierung gesetzt hatte. Zudem bestanden auch gravierende Lücken im Sicherheitssystem des Spitals bzw. dieses wurde nur inkonsequent umgesetzt. So verzichtete das Operationsteam auf den obligatorischen „Team-Time-out“, der in Krankenhäusern an der Tagesordnung steht und einen letzten Sicherheitscheck durch das Operationsteam umfasst. So wird normalerweise vom Operateur, Anästhesist und OP-Helfer gemeinsam besprochen, welche Gliedmaße amputiert werden sollen, um derartige Fehler bei der Operation zu vermeiden.
Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung
Während der Operateur sich wegen fahrlässiger Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen verantworten muss, steht sein Kollege, der den fehlerhaften OP-Plan erstellt hatte, lediglich wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht, wie Hansjörg Mayr, Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte. Die Verhandlung wird voraussichtlich im November stattfinden.
Ärzte haben ihre berufliche Sorgfaltspflicht vernachlässigt
Die Mediziner hatten, unmittelbar nach dem sie der 91-Jährigen das falsche Bein amputiert haben, ihren Fehler bemerkt und der Dame einige Tage später auch das zweite Bein entfernt. Während allgemeine Behandlungsfehler oft nicht so leicht nachzuvollziehen sind, ist die Sachlage in dem jetzigen Fall recht eindeutig. Normalerweise müssen die Richter ihr Urteil anhand der nachvollziehbaren Feststellungen medizinischer Sachverständiger ausrichten, um zu bewerten ob ein Behandlungsfehler vorliegt oder nicht. Dabei gilt zum Beispiel in Deutschland als Maßstab für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers der Fahrlässigkeitsbegriff des § 276 Absatz 2 BGB . So ist der Arzt gegenüber dem Patienten verpflichtet, die beruflich gebotene Sorgfalt einzuhalten. Dies war vermutlich laut Anklageschrift in dem jetzigen Fall im Krankenhaus St. Johann nicht gegeben, so dass es zu der fatalen Amputation des falschen Beins kommen konnte. (fp, 13.10.2010)
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