Arzneimittel: Gesetzlich Versicherte zahlen in Zukunft mehr.
(03.09.2010) Der Deutsche Apothekerverband (ABDA) teilt mit, dass ab diesem Monat von den bisher etwa 8.400 zuzahlungsfreien rezeptpflichtigen Arzneimitteln nur noch 5.524 ohne eine Kostenbeitrag der Kunden abgegeben werden können. Der Grund: die gesetzlichen Krankenkassen müssen ihre Kosten reduzieren.
Seit 1. September müssen gesetzlich Versicherte für knapp 3000 Medikamente, die bisher zuzahlungsfrei waren, einen Beitrag von 10 Prozent, minimal jedoch 5,- und maximal 10,- Euro, zu den Kosten des Arzneimittels leisten. Die eingenommenen Gelder werden von den Apotheken direkt an die Versicherungen weiter geleitet. Nach Angaben des ABDA sind auf diese Weise im Jahr 2009 mit der höheren Zahl zuzahlungsfreier Arzneimittel bereits 1,7 Milliarden an die gesetzlichen Versicherungen ausgezahlt worden.
Zuzahlungsbefreit werden Arzneimittel, deren Preis 30 Prozent unter dem von den gesetzlichen Versicherungen festgelegten Festbetrag liegt. Der Festbetrag gibt dabei an, welche Summe die Versicherungen maximal bereit sind für ein Präparat zu zahlen. So haben die Versicherungen mit nun für etwa 20 Arzneimittelgruppen den Festbetrag gesenkt, wobei sich die Zuzahlungsgrenzen für 18 Gruppen veränderten. Was zur Folge hat, dass ein Großteil der Präparate in Zukunft beitragspflichtig ist. Wenn die Hersteller nicht, wie offiziell von den gesetzlichen Versicherungen erhofft, mit Kostensenkungen reagieren, zahlen die Kunden demnach fortan mehr. Die Versicherungen hingegen können mit Einsparungen in Höhe von etwa 450 Millionen Euro rechnen. Betroffen sind zahlreiche Antibiotika, Magen-Darm- und Kreislaufmittel, so ein Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gegenüber „sueddeutsche.de“ Die Festbetragsregelung umfasst aktuell rund 30.300 Arzneimitteln.
Das Bundesministerium für Gesundheit empfiehlt den Betroffenen sich über zuzahlungsfreie alternative Arzneimittel zu informieren und gegebenenfalls umzusteigen. Zudem betonte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Christian Lipicki, dass in der Vergangenheit die Produzenten ihre Preise nach derartigen Maßnahmen stets korrigiert hätten. Lipicki verwies auch darauf, dass die Zuzahlungen ohnehin bei zwei Prozent – für chronisch Kranke bei einem Prozent – des Einkommens gedeckelt sind.
Es kann jedoch durch die gesenkten Festbeträge auch vorkommen, dass gesetzlich Versicherte vermehrt sogenannte Aufzahlungen leisten müssen. Denn bei Präparate deren Preis über dem Festbetrag liegt, müssen Kunden die Differenz aus eigener Tasche begleichen. Und da lange nicht alle Hersteller mit Preissenkungen reagieren, fallen teilweise Summen von über 100,- Euro an, die Versicherte für benötigte Arzneimittel selber zahlen dürfen. Nach Auskunft des Branchendiensts Apotheke Adhoc werden Hersteller wie AstraZeneca, Bayer, Merck oder Pfizer die Preise bei zahlreichen Präparaten nicht senken. Überwiegend Originalhersteller wehren sich so gegen das Steuerungsinstrumente der Versicherungen. Die Hersteller von Generika passen hingegen zum Großteil ihre Preise an. (fp)
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