Gesundheitsreform: Arzneimittel-Rabatte für die PKV.
Die Ausweitung der Arzneimittelrabatte auf die privaten Krankenversicherungen (PKV) im Rahmen der Gesundheitsreform, stand in der bisherigen Fassung bereits scharf in der Kritik. Sie war einer der wesentlichen Gründe dafür, dass Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sich in den vergangenen Wochen häufig dem Vorwurf der Klientelpolitik ausgesetzt sah. Nun ist klar, die Bundesregierung plant neben den Zwangsrabatten offenbar auch den Herstellerabschlag von 16 Prozent auf die privaten Krankenversicherungen (PKV) auszuweiten.
Anpassung im Sinne der Privaten Krankenversicherung
Während sich die schwarz-gelbe Bundesregierung bisher jeglichen durch die Kritiker aus Opposition, Gewerkschaften, Sozialverbänden usw. vorgebrachten Anpassungen der Gesundheitsreform widersetzte, scheinen CDU / CSU und FDP an dieser Stelle weiterhin bereitwillig den Forderungen der PKV zu folgen. Denn auch wenn die zugestandenen Rabatte mit der Einschränkung versehen werden sollen, dass die so erzielten Einsparungen ausschließlich zur „Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung“ verwendet werden dürfen, ist die geplante Anpassung wahrscheinlich ganz im Sinne der PKV. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn, will von Klientelpolitik nicht hören begründet die Änderungsvorschläge: „Wir wollen, dass die Arzneimittel-Einsparungen bei den einzelnen Versicherten ankommen und nicht bei den Gewinnen der Versicherungskonzerne.“ Warum hierfür die Herstellerrabatte – zusätzlich zu den Zwangsrabatten – auf die privaten Versicherer übertragen werden müssen, erklärt Spahn jedoch nicht.
Private Krankenversicherungen profitieren von der Gesundheitsreform
Ohnehin kamen die privaten Krankenversicherungen bisher recht gut weg bei der Gesundheitsreform. Die Erleichterung des Wechsels von gesetzlich Krankenversicherten in Richtung PKV und die Abschaffung der Zusatzversicherungen bei den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sind nur zwei Beispiele, bei denen die privaten Krankenversicherungen von den bisherigen Reformbeschlüssen eindeutig profitieren. Und auch der Änderungsantrag zur Übertragung der Herstellerrabatte auf die privaten Versicherer, den die Gesundheitsexperten der Koalitionsfraktionen gestern beschlossen haben, weist in die gleiche Richtung. Die Zwangsrabatte werden von den gesetzlichen Versicherungen bei Einführung eines neuen Arzneimittels mit dem Hersteller ausgehandelt. Dabei sind die Pharmahersteller in den kommenden drei Jahren (bis August 2013) dazu verpflichtet, den GKV einen zusätzlichen Herstellerabschlag von 16 Prozent zu gewähren. Außerdem wurden die bisherigen Arzneimittelpreise für den gleich Zeitraum festgeschrieben, um die Entwicklung der Kosten für Arzneimittel bei den Versicherungen kalkulierbarer zu machen. Nach den jetzt bekannt gewordenen Plänen der schwarz-gelben Regierungskoalition, soll der Herstellerabschlag künftig auch für die privaten Krankenversicherungen gelten.
Pharmabranche erwartet Umsatzeinbußen
Die Pharmaindustrie reagierte wie zu erwarten umgehend mit harscher Kritik, denn die Arzneimittelhersteller befürchten massive Umsatzverluste und einen Einbruch ihres Gewinns. So spricht Cornelia Yzer, Geschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VfA) von etwa 500 Millionen Euro Umsatzeinbußen, die sich durch eine Ausweitung der Rabattregelung ergeben.Und um ihre Kritik nicht ausschließlich als Lobby-Interesse verstanden zu wissen, ergänzte Cornelia Yzer, dass staatliche Eingriffe wie Zwangsrabatte nur gerechtfertigt seien, um das staatlich Solidarsystem zu stabilisieren. Da die PKV jedoch gewinnorientierte Unternehmen seien, können diese nicht unter das Dach der halbstaatlichen Krankenkassen schlüpfen, um entsprechend den GKV von staatlicher Unterstützung zu profitieren.
„Staatliches Unterstützungspaket" für die PKV
Auch von den den gesetzlichen Krankenkassen folgte nach bekanntwerden der Änderungsvorschläge erhebliche Kritik. Die neuen Regelungen seien ein „staatliches Unterstützungspaket" für die privaten Krankenversicherungen, erklärte der Sprecher des Spitzenverbands gesetzlicher Krankenkassen, Florian Lanz. Nun sei amtlich bestätigt, dass die private Krankenversicherung ohne Verhandlungskompetenz der gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr auskommen. Zudem empfindet Lanz als bemerkenswert, dass sich die private Krankenversicherung als Nischenanbieter für Gutverdiener und Beamte nicht den Herausforderungen eines Solidarsystem stellen müsse, aber dennoch auf die Hilfe des Gesetzgebers angewiesen sind.
Private Krankenversicherungen kritisieren Verwaltungsaufwand
Doch auch bei den PKV gibt es trotz aller Vorteile kritische Stimmen. Denn auf die PKV kommt durch die Reform ein erhöhter Verwaltungsaufwand zu, da sie für den Einzug der Rabatte bei der Industrie künftig eine zentrale Einzugsstelle einrichten sollen. Hier müssen die von den Versicherten zur Kostenerstattung eingereichten Belege gesammelt und ausgewertet werden, um sicherzustellen, dass der Abschlag ausschließlich im vorgesehenen Rahmen gewährt wird. Dies könne jedoch bewirken, dass ein Großteil der Ersparnisse für die erforderliche zusätzlichen Verwaltung benötigt wird, so ein Sprecher des Verbandes. Dass den privaten Krankenversicherung eine ausschließliche Verwendung der zusätzlichen Einnahmen zur „Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung“ ein Dorn im Auge ist, beruht ebenso wie die Kritik der Pharmahersteller jedoch eher auf Eigeninteressen als der Sorge um das Wohl der Versicherten. (fp, 08.10.2010)
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