Wächtersbacher Arzt entschuldigt sich für Kopftuchverbot.
(08.09.2010) Mit seinen selbst erlassenen Regeln, die das tragen von Kopftüchern und die Behandlung von muslimischen Großfamilien in seiner Praxis ausschlossen, hatte ein Wächtersbacher Arzt deutschlandweit für viel Aufregung und Kritik gesorgt. Nun rudert der Arzt zurück und entschuldigt sich bei allen Betroffenen.
"Ich habe mich im Ton vergriffen", so beurteilt der Arzt seine eigene Aktion rückblickend. Die Probleme, welche ursächlich für seinen Vorstoß waren, könne er zwar nicht weg reden, jedoch sehe er heute deutlicher, dass er mit seinen Formulierungen über das Ziel hinaus geschossen sei und Menschen verletzt habe. „Das habe ich so nicht beabsichtigt“, betonte der Arzt.
Kopftücher, mangelnde Deutschkenntnisse und Probleme bei der Behandlung von Großfamilien waren für den Arzt Anlass gewesen, seine sogenannten „Spielregeln“ in der Praxis auszuhängen, um nach eigenen Worten einen „reibungsloseren Praxisablauf“ zu gewährleisten. Die Regeln hängen nun nicht mehr in der Praxis aus, er möchte sie allerdings in einer überarbeiteten Form wieder anbringen, da die Probleme bei der Behandlung weiterhin bestünden. Die neue Fassung soll jedoch dem türkisch-islamischen Kulturverein Wächterbachs vorgelegt werden, bevor die „Spielregeln“ erneut die Wände seiner Praxis zieren. Der Vorsitzende des türkisch-islamischen Kulturvereins, Seref Degermenci, betonte in diesem Zusammenhang, dass die Aktion des Arztes falsch und zum Teil diskriminierend gewesen sei, jetzt aber der Dialog Priorität habe.
Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Landesärztekammer geben sich mit einer derartigen Entschuldigung jedoch nicht so einfach zufrieden und wollen den Fall rechtlich prüfen lassen. Denn der Ausschluss von kranken Menschen aus der Behandlung, stellt einen Verstoß gegen den hippokratischen Eid dar, der so nicht hinnehmbar ist. Kaum vorstellbar, was passieren würde, wenn Deutsche im Ausland nur noch behandelt würden, sobald sie die einheimische Sprache beherrschen. Dies ist in letzter Sekunde wohl auch dem Wächtersbacher Arzt bewusst geworden, so dass er die Spielregeln nicht zuletzt wegen der drohenden rechtlichen Konsequenzen entfernt haben dürfte. (fp)
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