Bei Schizophrenie kann eine Verhaltenstherapie genauso wirksam sein wie Medikamente
07.02.2014
Bei Schizophrenie profitieren Betroffene genauso gut von einer kognitiven Verhaltenstherapie wie von antipsychotischen Medikamenten. Das ergab eine Untersuchung des Greater Manchester West Mental Health Foundation Trust, die im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wurde. Demnach könnte eine Verhaltenstherapie vor allem bei Patienten hilfreich sein, die sich weigern Medikamente einzunehmen. Diese waren bisher meist auf sich allein gestellt. Denn nur ein Bruchteil schizophrener Patienten erhält eine solche Therapie.
Patienten mit Schizophrenie erhalten häufig nur Medikamente
Obwohl die kognitive Verhaltenstherapie in Großbritannien zu den offiziell empfohlenen Behandlungsformen zählt, erhalten lediglich zehn Prozent der Patienten mit Schizophrenie diese Therapie.
Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung, bei das Denken, die Affektivität und die Wahrnehmung der Betroffenen krankhaft verändert ist. Das äußert sich beispielsweise durch das Hören von Stimmen und paranoide Gedanken. Manche Patienten sind nicht in der Lage, das Haus zu verlassen. Eine Verhaltenstherapie setzt gezielt bei diesen Problemen an, indem die individuellen Beschwerden identifiziert werden und daraus eine Strategie entwickelt wird, um mit den Problemen im Alltag umzugehen.
Verhaltenstherapie verringert die Beschwerden bei Schizophrenie
Im Rahmen der britischen Studie wurde die Wirksamkeit einer solchen Verhaltenstherapie bei 74 Patienten getestet. Dabei zeigte sich, dass diese Behandlungsmethode genauso effektiv ist wie die Einnahme antipsychotischer Medikamente. Lediglich vier von zehn schizophrenen Patienten profitieren von antipsychotischen Mitteln. Der Großteil hat jedoch keinen Nutzen von den Medikamenten.
„Antipsychotische Medikamente bilden die Grundpfeiler der Behandlung für Schizophrenie, aber die Hälfte aller Menschen mit Schizophrenie entscheidet sich gegen die Einnahme dieser Medikament aufgrund von Nebenwirkungen, wie die schwere Gewichtszunahme, die Entwicklung von Stoffwechselstörungen und das erhöhtes Risiko für den plötzlichen Herztod, oder weil die Behandlung sich nicht als wirksam anfühlt oder weil sie nicht wahrnehmen, dass sie eine Behandlung benötigen. Derzeit existiert keine evidenzbasierte, sichere und wirksame Behandlungsalternative", erläutert Professor Anthony Morrison, Leiter der Studie, im Fachmagazin.
Morrison zufolge führt die kognitive Verhaltenstherapie jedoch zu einer Verringerung der Beschwerden. Zudem erhöht sich die persönliche und soziale Kompetenz. Diese Effekte zeigten sich bei 46 Prozent der Studienteilnehmer, was in etwa dem Wert von antipsychotischen Medikamenten entspricht. Ein Vergleich der beiden Behandlungsformen wurde aber im Rahmen dieser Studie nicht durchgeführt. „Wir haben nachgewiesen, dass es sich um einen sicheren und sehr wirksamen Behandlungsansatz handelt“, so Morrison.
Bei Schizophrenie ziehen viele Patienten Verhaltenstherapie vor
„Eines unserer interessantesten Ergebnisse war, dass die meisten Patienten einer Verhaltenstherapie zustimmten, wenn sie die Wahl hatten", erklärt Douglas Turkington, der ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war, im Fachmagazin. Aber er betonte auch, dass „niemand der gerade Antipsychotika einnimmt, diese plötzlich absetzen sollte, da die große Gefahr eines Rückfalls besteht. Ein ärztlicher Rat sollte immer eingeholt werden, wenn Sie erwägen, Ihre Medikamente abzusetzen.“
Wie die aktuelle Studie zeigt, ist es für Patienten mit Schizophrenie wichtig, eine kognitive Verhaltenstherapie anzubieten. Anderenfalls bleiben sie sich selbst überlassen. Vor allem Betroffene, die sich weigern, Medikamente zu nehmen, gehen häufig nicht zum Arzt. „Es ist jedoch eine größere Studie erforderlich, um die klinischen Auswirkungen unserer Pilotstudie zu bestätigen",schreibt Morrison. (ag)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.