In zahlreichen Berliner Bezirken fehlen Haus- und Fachärzte
11.10.2013
In Berlin fehlen Ärzte vor allem in den Bezirken, in denen das durchschnittliche Haushaltseinkommen eher geringer ausfällt. Aus diesem Grund haben die Kassenärztliche Vereinigung, der Gesundheitssenat sowie die Krankenkassen die Reißleine gezogen und ein Ansiedeln in Gegenden mit einem hohen Sozialindex unterbunden. Damit soll die ungleiche Verteilung von niedergelassenen Ärzten in Berlin wieder ausgeglichen werden.
Reiche Bezirke mehr Umsätze
Viele Ärzte wollen vor allem in wohlhabenderen Berliner Bezirken ihre Praxis eröffnen. Sie erhoffen sich dadurch mehr Privatpatienten und höhere Erlöse durch Igel-Leistungen. Krankenkassen, der Senat sowie die Kassenärztliche Vereinigung haben nun mehr beschlossen, dass Ärzte sich nur noch in schlechter medizinisch versorgten Bezirken niederlassen dürfen.
Genau 80 Ärzte zogen in den letzten Jahr innerhalb Berlins um, um in besser gestellte Gegenden zu praktizieren. Nun will der Senat die Ärzte eher dazu verleiten in sogenannte Problembezirke wie Neukölln zu ziehen. Dort liegt die Versorgungsdichte etwa 50 Prozent. Zum Vergleich: In Berlin- Charlottenburg liegt die Dichte bei etwa 160 Prozent.
Viele Ärzte dennoch Ärztemangel
In Berlin praktizieren etwa 9000 Ärzte und Physiotherapeuten. Im Vergleich zu anderen Städten ist die Bundeshauptstadt eigentlich bestens ausgestattet. „Nicht die Anzahl der Ärzte sondern die Verteilung ist das Problem“, mahnt die Leiterin des Landesverbandes der Ersatzkassen Gabriella Leyh. Es könne zwar sein, dass nun weniger Ärzte umziehen, weil sie nicht in sozial schwächeren Bezirken praktizieren wollen, aber der Senat war gezwungen, diesen drastischen Schritt zu gehen, weil die Verteilung der praktischen Ärzte in Berlin sehr ungleich war, verteidigt Leyh die Entscheidung. Anders sei ein gerechtere Verteilung von Ärzten in Berlin derzeit nicht möglich.
Neue Ärzte werde es jedoch aufgrund des Zulassungsstopps nicht geben. Ärzte, die in den Ruhestand gehen, übergeben ihre Zulassung an einen Nachkommen oder an Kollegen in einer Gemeinschaftspraxis.
Deutliche Kritik kommt von einigen Ärzten. Einige hätten bereits Klagen eingereicht, wie die Kassenärztliche Vereinigung berichtet. Dennoch erwartet auch die Vereinigung sichtbare Ergebnisse bis 2015. Bis dahin soll die Verteilung innerhalb Berlins gerechter sein.
Ferner planen die Verantwortlichen ab 2015 weitere Reformen umzusetzen. Ab diesem Zeitpunkt sollen die Berechnungsgrundlagen des Versorgungsgrades erneuert sein. Faktoren wie die Einwohnerzahlen und der Altersdurchschnitt sollen künftig mit den Kennzeichnungen Arbeitslosigkeit und Wohnlage kombiniert werden.
Der Zusammenhang zwischen Sozialstatus und Gesundheit wird durch zahlreiche Studien belegt. So zeigte eine aktuelle Studie, dass ärmere Menschen etwa fünf Jahre früher sterben. Das läge, so die Studienautoren, auch an der ungleichen medizinischen Versorgung. Auch werden reichere Menschen weniger krank, weil sie beispielsweise einen finanziell besseren Zugang zu gesünderen Lebensmitteln hätten. In exponierten Regionen gebe es so zwar mehr Ärzte aber dafür weniger Patienten. (sb)
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