Fernsehdrama über Bluter-Skandal
28.10.2013
In den 1980er Jahren kam es zu einem der größten Medizinskandale der Bundesrepublik. Bluter wurden über verunreinigtes Plasma mit HIV infiziert. Am heutigen Montag strahlt das ZDF einen Fernsehfilm zum Thema aus.
Aids verbreitet sich in den 80er Jahren
Als sich Anfang der 1980er Jahre die Immunschwächekrankheit Aids, ausgelöst durch das HI-Virus, immer stärker ausbreitete, war die Meinung noch stark verbreitet, dass nur Homosexuelle, Prostituierte und Drogensüchtige davon betroffen seien. Aber bereits damals warnten engagierte Ärzte davor, dass auch Blutkonserven HIV-verseucht sein könnten. Zahlreichen Blutern wurde es zum Verhängnis, dass die Warnungen ignoriert wurden.
Bei Blutern heilen Wunden nicht oder sehr schlecht
Für Patienten mit Hämophilie, so der Fachausdruck für die Bluterkrankheit, war die Lebenserwartung bis Anfang der 70er Jahre niedrig. Bei dieser Blutgerinnungsstörung heilen Wunden nicht oder nur sehr schlecht. Außerdem kann es bei Verletzungen oder auch ohne erkennbare Wunden zu anhaltenden Blutungen kommen, vorwiegend in Muskeln und Gelenken. Als dann Faktor-VIII-Präparate auf den Markt kamen, ermöglichten diese es vielen Erkrankten, ein weitgehend normales Leben zu führen, da das Mittel das Blut wieder gerinnen ließ.
Aids-Gefahr war bekannt
Die Präparate wurden aus menschlichem Blut gewonnen, unter anderem auch von homosexuellen oder drogenabhängigen Spendern. Viel der Blutkonserven waren nicht nur mit dem HI-Virus, sondern auch mit gefährlichen Hepatitis-C-Viren verseucht. Aber obwohl die Aids-Gefahr bekannt war, verzichteten Pharmaindustrie und Gesundheitsbehörde darauf, das Mittel vom Markt zu nehmen.
Betroffene hatten keine Lobby
Dies hatte zur Folge, dass die Pharmaindustrie aus reiner Profitgier in Kauf nahm, dass Bluter an Aids erkrankten. Über 1.500 Bluter wurden infiziert und mehr als 1.000 sind bislang an Aids gestorben. Der Regisseur des Fernsehfilms „Blutgeld“, René Heisig, der selbst Arzt ist, versucht zu erklären, wie es dazu kommen konnte, dass sich die Opfer nicht zur Wehr setzten: „Sie hatten keine Lobby. Außerdem bekamen sie nur schwer zuverlässige Informationen, das Internet gab es noch nicht. Und: Aids haftete ein übles Lustseuchen-Image an. Es waren auch viel Scham und Angst im Spiel.“
Pharmaindustrie hat Situation knallhart ausgenutzt
Er meint weiter: „Die Opfer fühlten sich wie Täter.“ Zudem sind Betroffene gesellschaftlich ausgegrenzt und diskriminiert worden. Außerdem blieb ihnen nicht viel Zeit. „Die Pharmaindustrie hat darauf gesetzt, dass sich das Problem schnell von allein erledigt“, sagt Heisig. Die Betroffenen konnten kaum auf einen positiven Ausgang eines langwierigen Prozesses hoffen, weil sie starben. „Außerdem waren sie in der Beweispflicht. Die Pharmaindustrie hat knallhart ausgenutzt, dass es fast unmöglich war, ein exaktes Datum der Ansteckung geschweige denn einen Verursacher zu nennen“, so der Regisseur.
Stiftung für die Opfer
Die Aufklärung des Falles kam erst 1993 ins Rollen. Ein Untersuchungsausschuss stellte 1994 fest, dass die Verwendung der Blutprodukte „unvertretbar“ gewesen sei. Der damalige Präsident des Bundesgesundheitsamtes (BGA) wurde entlassen. Seit 1995, als die „Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ gegründet wurde, bekommen die Opfer eine geringe finanzielle Hilfe. So erhalte jeder HIV-Infizierte 767 Euro im Monat, Aidskranke 1534 Euro, hinterbliebene Ehefrauen fünf Jahre lang ein Drittel davon. Und Kinder von Betroffenen erhielten bis zu ihrem 25. Lebensjahr 512 Euro monatlich.
Fernsehfilm am Montag
Die finanziellen Mittel dafür werden von der Industrie, dem Bund und den Ländern aufgebracht. Das Gesundheitsministerium musste das Budget vor zwei Jahren erneut aufstocken und 2017 wird die Kasse wieder leer sein. Keine Entschädigungszahlungen gab es bislang für die Hepatitis-Opfer. Das ZDF strahlt den Fernsehfilm „Blutgeld“ am morgigen Montag um 20.15 Uhr aus. (ad)
Bild: Andrea Damm / pixelio.de
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