Durch die Früherkennungsprogramme zur Krebsvorsorge bei Darmkrebs konnten seit 2002 rund 100.000 Fälle von Darmkrebs verhütet und weitere knapp 50.000 Fälle in einem heilbaren Stadium entdeckt werden.
22.11.2010
Im Oktober 2002 wurden Darmspiegelungen (Koloskopien) Bestandteil des deutschen gesetzlichen Programms zur Krebsfrüherkennung. Seitdem steht jedem Krankenversicherten ab dem Alter von 50 Jahren ein Test auf okkultes Blut im Stuhl zu und ab dem 55 Lebensjahr haben die Krankenversicherten Anspruch auf eine kostenfreie Früherkennungskoloskopie. Sofern die Erstuntersuchung vor dem 65. Lebensjahr stattfindet, können die Versicherten nach 10 Jahren eine weitere kostenfreie Darmspiegelung durchführen lassen. Den Erfolg dieser gesetzlich geregelten Früherkennung haben die Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum genauer untersucht und jetzt eine erste Zwischenbilanz veröffentlicht. Prof. Dr. med. Hermann Brenner, Epidemiologe des DKFZ, gab bekannt, dass nach seinen Berechnungen deutschlandweit in den letzten acht Jahren 98.734 Darmkrebsfälle bei Personen im Alter von 55 bis 84 Jahren durch die Teilnahme an Früherkennungs-Darmspiegelungen verhütet wurden und weitere 47.168 Erkrankungen in einem frühen, meist heilbaren Stadium entdeckt wurden.
Die Wissenschaftler des DKFZ werteten die Daten des Nationalen Melderegisters aus, welche alle Koloskopie-Ergebnisse erfassen, da die Ärzte verpflichtet sind, ihre Untersuchungsergebnisse offen zu legen. So konnten die Forscher vom DKFZ die Erkenntnisse jeder einzelnen seit 2002 durchgeführten Früherkennungskoloskopie flächendeckend erfassen und überprüfen. Neben den Daten zu den Teilnehmerzahlen, waren dabei vor allem die alters- und geschlechtsspezifische Häufigkeit von Darmkrebsvorstufen, die Anzahl der Entwicklung bösartiger Tumore und das Alter der verstorbenen Patienten in Hinblick auf den Nutzen der Koloskopie besonders interessant.
In Deutschland erkranken jährlich mehr als 60.000 Menschen an Darmkrebs (kolorektalen Karzinomen). Damit bilden kolorektale Karzinome hierzulande bei Männern und Frauen die zweithäufigste Krebserkrankung, wobei mehr als sechs Prozent aller Deutschen im Laufe ihres Lebens an Darmkrebs erkranken. Da sich die Krankheit meist über Jahre entwickelt und bei den Patienten zunächst nur sehr selten Symptome verursacht, wird Darmkrebs häufig relativ spät erkannt. Im späten Krankheitsstadium ist die Krankheit jedoch kaum noch behandelbar bzw. heilbar, so dass die 5-Jahres-Überlebensrate bei lediglich 40 bis 60 Prozent liegt. Dabei ist für die Überlebenschancen der Betroffenen vor allem entscheidend, in welchem Krankheitsstadium der Darmkrebs entdeckt wurde. Hier setzt das seit 2002 eingeführte Früherkennungsprogramm an, denn die Vorstufen von Darmkrebs können mit einer Koloskopie relativ einfach erkannt und schon während der Untersuchung entfernt werden. Eine Darmkrebs-Erkrankung kann so „weit besser als andere Krebsarten durch konsequente Früherkennung verhütet werden“, betonte Prof. Hermann Brenner.
Insgesamt fällt die Beurteilung des Früherkennungsprogramms zur Krebsvorsorge bei Darmkrebs durch das DKFZ angesichts der Vielzahl von vermiedenen Erkrankungen äußerst positiv aus. Wobei nach Ansicht von Prof. Brenner „diese großen Effekte (…) umso erstaunlicher (sind), als nur etwa drei Prozent der Berechtigten pro Jahr am Früherkennungsprogramm teilnehmen“. Damit weist der Experte auch darauf hin, dass mit eine größeren Teilnahme an den Früherkennungsangeboten noch weitaus mehr Darmkrebsfälle in Deutschland verhüten werden könnten. Die Teilnahme lässt sich „nach internationalen Erfahrungen(…) am ehesten durch ein organisiertes Früherkennungsprogramm mit gezielten Einladungen“ erhöhen, erklärte Prof. Brenner und verwies darauf, dass im Rahmen des Nationalen Krebsplans erste Modellprojekte in Vorbereitung seien. (fp)
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