Dengue-Fieber erreicht Frankreich: Erstmals hat sich ein Mann mit einer Tropen-Krankheit infiziert, obwohl der Virus nicht durch eine Reise eingeschleppt worden ist.
(15.09.2010) Tropen-Krankheiten kommen immer häufiger auch in Europa vor. Schuld sind die im Zuge des Klimawandels gestiegenen Temperaturen, welche eine Ausbreitung exotischer Krankheitsüberträger nach Europa begünstigen. So hat sich aktuell erstmals ein Mann auf Nizza durch einen Mückenstich mit dem Dengue-Fieber infiziert. Bislang waren nur eingeschleppte Infektionen aufgetreten.
Das Dengue-Fieber ist weltweit die häufigste und sich am schnellsten ausbreitende von Mücken übertragene Virusinfektion. So haben sich die Fallzahlen von 1960 bis 2010 verdreißigfacht und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass sich jährlich 50 bis 100 Millionen Menschen mit dem Dengue-Fieber infizieren. Bei etwa 500.000 Personen nimmt die Krankheit einen schweren Verlauf und ca. 22.000 Menschen, überwiegend Kinder, sterben jährlich an den Folgen der Infektion. In Deutschland sind im vergangenen Jahr 290 Menschen am Dengue-Fieber erkrankt, wobei alle Infektionen von Auslandsreisenden eingeschleppt wurden.
Der Krankheitsverlauf des Dengue-Fiebers ist gekennzeichnet durch unspezifischen Symptome die oft denen einer schweren Grippe ähneln. Es können jedoch auch innere Blutungen und bei schwerem Krankheitsverlauf das lebensgefährliche „Dengue Hämorrhagisches Fieber“ oder das „Dengue shock syndrome“ auftreten. „Die Dengue-Viren gehören wie die Auslöser des West-Nil-Fiebers, der Japanischen Enzephalitis oder des Gelbfiebers zu den Flaviviren“, erläutert Prof. Matthias Niedrig vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin gegenüber Welt Online. Dabei sind vier Typen, die regional unterschiedlich verteilt sind, zu unterscheiden. „Erkrankt man an dem einen Typ, so besteht keine Immunität gegen die drei anderen“, betont der Fachmann vom RKI Im Gegenteil: Sollte sich ein bereits infizierter Patient mit einem weiteren Typ anstecken, ist die Wahrscheinlichkeit eines schwereren Krankheitsverlauf extrem hoch. Dabei ist bislang nicht geklärt, warum eine Zweitinfektion lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann. Jedoch bestehen nach Aussage von Prof. Niedrig Anzeichen dafür, dass die Antikörper, die sich bei einer ersten Infektion bilden, die Reaktion des Immunsystems bei einer Zweitinfektion negativ beeinflussen.
Dengue-Fieber war bisher vor allem in tropischen und in subtropischen Regionen wie Südamerika, Südostasien oder Ost- und Westafrika verbreitet, da hier die Überträger der Krankheit ebenfalls weit verbreitet sind. Die weibliche Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) und die seit kurzem auch in Europa auftretende Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) gelten als wichtigste Überträger des Virus, obwohl auch andere Mückenarten eine Eignung zur Erregerübertragung (Vektorkompetenz) aufweisen. Wo die genannten Mückenarten vertreten sind, ist auch das Risiko einer Dengue-Fieber-Infektion gegeben. So betonte auch Gerhard Dobler vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München: „In manchen Regionen muss man immer mit einer Ansteckung mit Dengue rechnen“ und ergänzt: „Es kommt aber auch regelmäßig zu Epidemien in Ländern, die sonst nicht so stark betroffen sind.“ So haben sich bereits im Juni erstmals zwei Touristinnen in Ägypten mit dem Dengue-Virus infiziert, wobei Experten damals schon vor einer weiteren Ausbreitung des Erregers warnten. Eine Erkrankung mit dem Dengue-Fieber ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz meldepflichtig, sobald der Verdacht besteht.
Nachdem die französischen Karibikinseln laut Medienberichten bereits seit mehreren Monaten von einer Dengue-Fieber-Welle mit rund 60.000 Infizierten und 17 Todesfälle heimgesucht werden, hat das Dengue-Virus nun die französische Mittelmeerküste erreicht. Da es sich nicht um einen eingeschleppte Erkrankung handelt, ruft das französische Gesundheitsministerium die Bewohner von Nizza zum intensiven Mückenschutz auf. Körperbedeckende Kleidung, schlafen unter Mückennetzen, Insektenschutzmittel und das abdecken jeglichen stehenden Wassers sind nach Auffassung der Behörden momentan dringend geboten. Ähnliche Maßnahmen sollten Reisende ergreifen, die eine der weltweiten Verbreitungsregionen des Dengue-Fiebers aufsuchen. Einen Impfstoff zum Schutz vor dem Dengue-Virus gibt es bisher nicht, Experten rechnen jedoch mit der Verfügbarkeit eines solchen in den kommenden Jahren.
Bei rechtzeitiger Diagnose lässt sich die Dengue-Fieber meist relativ erfolgreich bekämpfen. So wird „die Erkrankung (…) mit Mitteln gegen Fieber und Schmerzen, gegebenenfalls auch mit Infusionen behandelt“ erklärt Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin in Düsseldorf. Dabei sollten die Ärzte in jedem Fall darauf achten keine Wirkstoff wie Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) zu verwenden, welche die Blutgerinnung beeinträchtigen.
Das größte Problem besteht nach Ansicht der Experten ohnehin in der entsprechenden Diagnose von Tropen-Krankheiten, da diese hierzulande wenig verbreitet und für die Ärzte dementsprechend schwer zu erkennen sind. So traten zum Beispiel Krankheiten wie das Chikungunya-Fieber oder Leishmaniose im vergangenen Jahren erstmals in Europa auf. Dabei waren bisher meist Personen betroffen, die kürzliche eine der Verbreitungsregionen der entsprechenden Krankheit besucht hatten, wodurch die Diagnose erheblich erleichtert wurde. In Zukunft besteht jedoch in einigen Regionen Europas das Infektionsrisiko direkt vor Ort, was ein Umdenken auch auf Seiten der Ärzte erfordert. (fp)
Bild: Dr. Karl HERRMANN / pixelio.de
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