Demnächst besserer Zugang in die Private Krankenversicherung? Das Bundesgesundheitsministerium will die Drei-Jahres-Regelung verkürzen und damit die Gesetzlichen Krankenkassen belasten.
(19.07.2010) Nach gleich lautenden Berichten überprüft derzeit das Bundesgesundheitsministerium die Zugangsvoraussetzungen für die Private Krankenversicherung (PKV) zu erleichtern. Derzeit gilt die sogenannte Drei-Jahres-Frist-Regelung. Das bedeutet, dass „Gutverdiener“ erst von der gesetzlichen Krankenkasse in die Private Krankenversicherung wechseln können, wenn sie konstant über drei Jahre lang über dem Mindesteinkommen für Arbeitnehmer liegen. Das Pflichtbruttoeinkommen für einen Wechsel liegt bei sozialversicherungspflichtigen Angestellten derzeit bei 49950 Euro pro Jahr. Drei Jahre lang muss ein Angestellter dieser Summe in Folge verdienen, um in die PKV wechseln zu können.
Eingeführt wurde diese Drei-Jahres-Frist, um die Solidargemeinschaft vor übermäßig vielen „Wechselwilligen“ zu schützen, die den Gesetzlichen Krankenkassen den Rücken kehren wollen, um sich privat zu versichern. Nachdem die Bundesregierung nun die Beiträge der Gesetzlichen Krankenkassen von 14,9 auf 15,5 Prozent angehoben hat, wird nun überprüft, ob die Zugangsvoraussetzungen für einen Wechsel in die Private Krankenversicherung erleichtert wird. Nutznießer einer solchen Regelung wären die Privaten Krankenversicherer auf Kosten der Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenkassen. Würde sich der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) durchsetzen, käme es zu einem rasanten Anstieg der „Wechselwilligen“.
Rösler favorisiert nun die Drei-Jahres-Frist tatsächlich auf ein Jahr zu reduzieren. Andere Meldungen behaupten sogar, der Gesundheitsminister plane sogar überhaupt keine Fristsetzung zum Wechsel. Damit droht den gesetzlichen Krankenkassen nach Berechnungen des IGES-Institut eine Mehrbelastung von rund 750 Millionen Euro pro Jahr. Diese Mehrbelastung müssten dann wiederum diejenigen begleichen, die in der GKV verblieben sind und für die kein leichter Wechsel möglich ist. Der Gesundheitspolitischer Sprecher der SPD Lauterbach wirft der FDP in diesem Zusammenhang eine "knallharte Klientelpolitik" vor. Denn tatsächlich wird diese Debatte angestoßen, nachdem gerade die Beiträge für die GKV als beschlossene Sache gilt. Während die GKV eine gesetzliche Pflichtversicherung ist, die jedes Mitglied unabhängig vom Gesundheits- Zustand und Verdienst aufnehmen kann, können sich die Privaten ihre Versicherten aussuchen. Würde die Drei-Jahres-Regelung abgeschafft werden, könnten die Privaten neue finanzkräftige Mitglieder aufnehmen und ein sattes Plus einfahren.
Was dann passiert, kann man sich an drei Fingern ausrechnen. Durch diese Gesetzesänderung wird der Trend zur "Zwei-Klassen-Medizin" fortgesetzt. Während die Gesetzlichen nach dem Prinzip der Solidargemeinschaft funktionieren, gilt für die Privaten das Prinzip der Wirtschaftlichkeit bei der Aufnahme neuer Mitglieder. Um die Kosten für chronisch Kranke und Familien aufzufangen, sind einkommensstarke junge Versicherte lebensnotwendig für die Gesetzlichen Krankenkassen. Doch die Einkommensstarken Versicherten würden bei einer Änderung der Voraussetzungen des Zugangs zur Privaten Krankenversicherung wechseln, um wenige Kosten für die Krankenversicherung auszugeben. Die Folge: Die Gesetzlichen können immer weniger Gesundheitsleistungen anbieten und müssen Zusatzbeiträge und Beitragserhöhungen einführen. Private Krankenversicherungen können hingegen chronisch Kranke abweisen oder in den Basistarif drängen.
In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, ob Rössler sich mit seinen Plänen auch innerhalb der Koalition durchsetzen kann. Für „Besserverdiener“, die sozialversicherungspflichtig angestellt sind, wäre ein Wechsel in die PKV ein finanzielle Entlastungen. Für die gesetzlich Krankenversicherten wäre die Abschaffung der Drei-Jahres-Frist ein Debakel. Sie müssen sich dann auf weitere Leistungseinschränkungen und massive Beitragssteigerungen der Versichertenbeiträge einstellen. (sb)
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