Ersatzkassen schließen Zusatzbeiträge für 2011 nicht aus: Krankenkassen bereiten Versicherte bereits jetzt auf weitere Zusatzbeiträge vor. Das Gesundheitsministerium wiegelt ab: "Die gesetzliche Krankenversicherung wäre durch finanziert".
(05.11.2010) Die Beitragerhöhungen in der gesetzlichen Krankenversicherung werden allen Anschein nach nicht ausreichen, um weitere Zusatzbeiträge zu verhindern. Auf jeden Fall wollen die Krankenkassen nicht versprechen, dass es keine weiteren pauschalen zusätzlichen Beiträge auf die Versicherten zukommen werden. Denn trotz der guten wirtschaftlichen Konjunktur drohen bei zahlreichen Kassen weitere Zusatzbeiträge. Bei der drittgrößten Krankenkasse Deutschlands, die DAK, ist bereits durch Insider bekannt geworden, dass man auch im kommenden Jahr nicht auf die zusätzlichen Einnahmen verzichten kann. Nun gab der Verband der Ersatzkassen (VDEK) bekannt, dass Mehreinnahmen durch die höheren Beiträge nicht bei den Kassen ankommen. „Höhere Beitragseinnahmen fließen nur in den Gesundheitsfonds und kommen bei uns nicht an“, sagte der VDEK-Vorsitzende Thomas Ballast gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“ am Freitag. Gleichzeitig steigen die Ärztehonorare für niedergelassene Zahnärzte, Hausärzte und Krankenhäuser. Das führe dazu, dass nunmehr weitere und sogar höhere Zusatzbeiträge auf die Versicherten zu kommen werden: So sagte Ballast: Die Mehrausgaben führen wahrscheinlich dazu, „dass die Kassen 2011 mehr Zusatzbeiträge verlangen müssen als bisher“.
Bislang hatte der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) immer davon gesprochen, dass die höheren Kassenbeiträge ab 2011 weitere zusätzlichen Beiträge verhindern werden. Momentan verlangen neun Krankenkassen (z.B. DAK und KKH-Allianz) von ihren Versicherten zusätzliche acht Euro pro Monat. Das sind für die Versicherten Mehrausgaben von 100 Euro pro Jahr. Drei weitere Krankenkassen verlangen ein prozentualen Zusatzbeitrag von einem Prozent vom durchschnittlichen Bruttolohn. Anstatt eine einheitliche Regelung zu finden, erhöht man im Bundesgesundheitsministerium allerdings den Druck auf die Kassen. So erklärte man, dass die Versicherten „sehr genau ansehen, welche Krankenkassen sich wie verhalten“. Denn man wolle hierdurch eine künstliche Konkurrenz schaffen und die Kassen dazu zwingen, „wirtschaftlich“ zu agieren. Dennoch bleibt man bei dem Argument, dass das Gesundheitssystem der gesetzlichen Krankenversicherung „durch finanziert“ seien. Eigentlich seien kein Zusatzbeitrag nötig, wie es aus dem Ministerium hieß.
Ärzte und Kliniken erhalten ab 2011 noch einmal mehr Geld, als bislang erwartet
Die Ersatzkassen beklagen vor allem, dass die Bundesregierung weitere Änderungen an der geplanten Gesundheitsreform vorgenommen haben. So steigen die Honorare für Ärzte und Kliniken um ein Vielfaches mehr, als bislang vereinbart wurde. Die niedergelassenen Ärzte bekommen zu den eigentlich vereinbaren höheren Honoraren noch einmal einen Zuschlag von satten 120 Millionen Euro. Für die Zahnärzte wurde noch einmal ein Aufschlag von 27 Millionen Euro vereinbart und die Krankenhäuser erhalten zusätzlich 400 Millionen Euro. Die Aufschläge müssten nun die Krankenkassen von selbst aufbringen und erhalten keine höhere Budgets aus dem Gesundheitsfond. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die höheren Ausgaben direkt an die Versicherten weiter gereicht werden.
Ortskrankenkassen in finanziell schlechter Lage?
Nach weiteren Informationen der Zeitung könne es für einige AOK Krankenkassen im nächsten Jahr finanziell eng werden. „Wir gehen ohne Zusatzbeiträge ins Jahr 2011, können aber nicht versprechen, das ganze Jahr ohne aus zukommen“, kommentierte eine Sprecherin der AOK Bayern. Das zeigt, wie vorsichtig die Kassen derzeit sind, um nicht die Versicherten zu verschrecken. Auch bei der AOK Berlin-Brandenburg, die sich zum Jahresbeginn mit der AOK Mecklenburg-Vorpommern zur Gesamtkasse „AOK Nordost“ zusammen schließen will, hält man sich bedeckt. Man könne noch keine Garantie abgeben, ob im kommenden Jahr keine weiteren Belastungen auf die Kassenpatienten zukommen. Man wolle zunächst schauen, wie die Reformen umgesetzt werden. Aus diesem Grund geben man keine „Ganz-Jahres-Garantie“ ab. Zwei Krankenkassen, die Barmer GEK und die Techniker Krankenkasse (TK) schließen hingegen Zusatzbeiträge für das Jahr 2011 kategorisch aus. Zahlreiche Kassen schließen versuchen derezeit Fusionen voran zu treiben, um auf finanziell festeren Füßen zu stehen.
Versicherte, die von Zusatzbeiträgen betroffen sind, haben ein Sonderrecht zur Kündigung. Sobald die Kasse den Mitgliedern einen zusätzlichen Beitrag ankündigt, können Betroffene die Krankenkasse wechseln. Allerdings sollte dies innerhalb von sechs Wochen nach Ankündigung geschehen. (sb)
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