Erste Gast-Professur für Ayurveda in Deutschland
An der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) wird eine Gastprofessur für Ayurveda (oder: Ayurweda) eingerichtet. Mit finanzieller Unterstützung durch die indische Regierung entsteht der erste Lehrstuhl in Deutschland für die Jahrtausende alte Heilkunst der Naturheilkunde. Neben der historischen Entwicklung sollen Studierende hier in Zukunft auch verschiedene Anwendungsmethoden des komplementär-medizinischen Behandlungsansatzes erlernen.
Ayurveda-Lehrstuhl in ganz Europa einmalig
Verschiedenen Verfahren der indischen Heilkunst Ayurveda werden bereits in zahlreichen Wellness-Einrichtungen deutschlandweit angeboten und auch in der Komplementär-Medizin haben die Methoden hierzulande aufgrund ihres oft überzeugenden Erfolges viele Anwendungsfelder. Bisher bestand jedoch kein entsprechender Lehrstuhl, der eine Ausbildung auf entsprechend hohem Niveau sicherstellt. „Ich glaube, das ist sogar in ganz Europa eine einmalige Sache“, erklärte der Präsident der Europa-Universität, Gunter Pleuger bei Übergabe der offiziellen Zusage der indischen Regierung zur Finanzierung der Gastprofessur für Ayurveda über einen Zeitraum von fünf Jahren. Ab dem kommenden Jahr soll der Lehrstuhl am Institut für Transkulturelle Gesundheitswissenschaften (IntraG) der Kulturwissenschaftlichen Fakultät angesiedelt werden.
Ergänzung zur Schulmedizin
Rambabu R. Dwivedi von der Gujarat Ayurved University war zur Übergabe der Zusage mit einer großen Delegation von Landsleuten nach Frankfurt (Oder) gekommen. Dabei stellte der anerkannte Fachmann und Herausgeber zahlreicher Ayurveda-Studien das Projekt und das Prinzip der indischen Heilkunst ausführlich vor. Dwivedi zu Folge tragen ein ungesunder Lebensweg und eine „suboptimale Nahrung“ dazu bei, dass viele Menschen häufig unter gesundheitlichen Beschwerden leiden. Hier setzt Ayurveda mit den Zentralen Elementen der Ayurveda-Massage und -Reinigungstechniken, der fundierten Ernährungslehre, der spirituellen Yogapraxis und einer umfassenden Pflanzenheilkunde an. Oft äußerst erfolgreich, wie die Studien von Rambabu R. Dwivedi belegen, auch bei Patienten denen mit schulmedizinischen Behandlungsansätzen nicht geholfen werden konnte. Insbesondere bei chronisch auftretenden Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes und bei psychischen Störungen wurden mit Ayurveda schon erhebliche Behandlungserfolge erzielt. Dabei ist die indische Naturheilkunde „aber keine Konkurrenz zur Medizin, sondern eine Ergänzung», betonte Dwivedi.
Gesundheit und Wohlbefinden fördern
Der Leiter des IntraG, Prof. Harald Walach erklärte: „Wir hoffen, dass wir in Zusammenarbeit mit dem künftigen Professor (…)eine interessante Lehre für unsere Studierenden anbieten können, die ihren Horizont und ihre Praxismöglichkeiten erweitert.“ Außerdem wollen die Experten „Ayurveda für einige medizinische Problemkinder unserer modernen Gesellschaft nutzbar machen, indem wir sie intensiv beforschen“, erläuterte Wallach. Den Studenten werden so einerseits die Methode Ayurveda und ihren Beitrag als Ergänzung zur Schulmedizin wissenschaftlich erforschen, anderseits erlernen sie auch die Grundlagen der traditionellen Heilkunde. Dabei ist das Ziel von Ayurveda-Behandlungen klar: Gesundheit und Wohlbefinden der Patienten fördern. Als mögliches Behandlungsfeld in Kombination mit schulmedizinischen Verfahren nannte Dwivedi, zum Beispiel die Reduzierung der Nebenwirkungen moderner Medikamente, welche insbesondere viele chronisch Kranke einnehmen müssten, durch Ayurveda-Behandlungen. Prof. Wallach betonte außerdem, dass bei einigen Krankheitsbildern bereits vielversprechende erste Forschungsergebnisse vorlägen, aber noch viel zu tun sei, um die bisher meist auf Erfahrungswerten basierende Heilkunde Ayurveda auf den Stand einer wissenschaftlich begründeten Therapieform zu bringen.
Komplementär-Medizin stark gefragt
Einer der Initiatoren des IntraG, Hartmut Schröder, verwies bei der Begründung zur Einrichtung eines Ayurveda-Lehrstuhls auch darauf, dass viele Menschen neben der Schulmedizin komplementäre Behandlungsansätze als Ergänzung zur Behandlung betrachten. So hätte verschiedene Studien belegt, dass rund 60 Prozent der Männer und 80 Prozent der Frauen auf Behandlungsmethoden aus dem Bereich der Komplementär-Medizin zurückgreifen. Hier liegen bisher jedoch keine eindeutigen Standards vor, so dass die Zahl der schwarzen Schafe relativ groß sei, erklärte der Fachmann. Schröder kann sich demnach vorstellen künftig an der Europa-Universität Viadrina auch eindeutige Standards zu entwickeln, welche die Qualität von Produkten und Dienstleistungen rund um Ayurveda festlegen.
Gastprofessur ab 2011 – Indien zahlt 400.000 Euro
Die bisherigen Planung sehen eine Einrichtung der Gastprofessur bereits im Frühjahr 2011 vor. Als Teil des postgradualen Master-Studiengangs „Komplementärmedizin, Kulturwissenschaften, Heilkunde“ sollen Lehrmodule zur Einführung in Ayurveda entwickelt werden. Den Lehrauftrag wird einer von drei noch zur Auswahl stehenden indischen Professoren übernehmen, erklärte Ashutosh Agrawal von der indischen Botschaft in Berlin. Dabei sei die Stelle zunächst auf fünf Jahre angelegt und die indische Regierung wird für zwei Jahre je 200.000 Euro als Finanzierung zur Verfügung stellen. „Die Beziehung zu Deutschland ist uns sehr wichtig“, hieß es aus der indischen Botschaft als Begründung des erstmaligen finanziellen Engagements an einer Deutschen Universität für die Einrichtung eines Ayurveda-Lehrstuhls. Hierzulande träumen die Verantwortlichen jedoch schon von größerem. Den Initiatoren an der Europa-Universität schwebt vor, die führende Hochschule auf dem Gebiet der Ayurveda zu werden, „im deutschen Kontext und eventuell darüber hinaus“.
Indische Heilkunst Ayurveda
Die uralten indischen Heilkunst der Ayurveda gilt als Ausdruck eines ganzheitlichen Wissens vom Menschen und der Natur, so die Information der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda. Massagen, Tee, Öle, Meditation und Bewegung waren stets Teil der Heilmethoden. Doch diese gerieten in der modernen Welt zwischenzeitig beinahe Vergessenheit, bis Maharishi Mahesh Yogi, Vertreter der Yoga-Tradition, Anfang der 1980er Jahre Experten aus Ost und West um sich versammelte und die Renaissance der Ayurveda einsetzte. So entstand 1984 in den USA das erstes ayurvedische Gesundheitszentrum in einem westlichen Land. In Indien hingegen ist Ayurveda stets unerlässlicher Teil des Gesundheitssystems geblieben, nicht zuletzt, da sich die meisten Inder keine Schulmedizinische Behandlung leisten können und mit der uralten Heilkunst viele Krankheiten erfolgreich und kostengünstig behandelt werden können. (fp, 22.10.2010)
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Bildnachweis: Jürg Krämer, Ch-info.ch, Fussmassage, erfolgt normalerweise nackt, mit GIMP Badehose montiert.
Autoren- und Quelleninformationen
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