Ein neues medizinisches Forschungszentrum in Leipzig will sogenannte Volkskrankheiten genauer untersuchen. Ziel ist es, die häufigsten Krankenheiten zu untersuchen, damit diese schneller erkannt und besser behandelt werden können. Auch eine effektive Vorbeugung steht in Fokus des neuen Zentrums.
Demenz, Diabetes, Depressionen, Fettsucht (Adipositas), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und unzählige Allergien: Die sogenannte Zivilisationskrankheiten nehmen in den modernen Industriestaaten rasant zu. Daher widmet sich jetzt das mit 38 Millionen Euro vom Freistaat Sachsen geförderte LIFE Forschungszentrum für Zivilisationskrankheiten an der Universität Leipzig explizit der Erforschung und Untersuchung der verbreitetsten Volkskrankheiten. Denn gesellschaftlich bedingte Krankheiten entwickeln sich immer mehr zu einem Problem in der Gesundheitsversorgung. Die Kosten im Gesundheitssystem steigen rasant durch die Vermehrung der sogenannten Volkskrankheiten. Es ist also demnach äußerst wichtig, Ursachen, Entstehung und Möglichkeiten der Vorsorge genauer im Detail zu untersuchen.
25.000 Testpersonen werden untersucht
Die rund 100 Wissenschaftler des interdisziplinären Forschungsverbunds LIFE (Leipziger Interdisziplinärer Forschungskomplex zu molekularen Ursachen umwelt- und lebensstilassoziierter Erkrankungen) wollen bis 2013 die Lebensbedingungen, den Lebensstil und die genetischen Veranlagung von ca. 25.000 gesunden und kranken Menschen intensiv untersuchen, um Volkskrankheiten wie Adipositas oder Diabetes auf den Grund zu gehen. Das Stress, ungesunde Ernährung und mangelnde Bewegung den Ausbruch der meisten Zivilisationskrankheiten begünstigen, ist dabei seit langem bekannt. Die Leipziger Forscher erwarten jedoch noch weitaus komplexere Zusammenhänge, die sich aus der Untersuchung des Lebensstils, der Umweltbedingungen, des Stoffwechsels und der genetischen Veranlagung von 25.000 Testpersonen ergeben werden.
Volkskrankheiten wie Diabetes, Depressionen und Demenz im Fokus der Forschung
„Geforscht wird dabei nach den Ursachen, wieso einige Menschen trotz erheblicher Risikofaktoren lange gesund bleiben und sehr alt werden und andere wiederum schon in jungen Jahren an Gefäßkrankheiten leiden“, erklärte der LIFE-Vorstand Joachim Thiery. Im Brennpunkt der Forschung stehen dabei Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Depression und Demenz, aber auch Tumore, Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bzw. Herzinfarkte und Schlaganfälle sollen im Rahmen der Studie genauer untersucht werden. In Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft und einem forschenden Pharmaunternehmen wollen die Wissenschaftler der Universität Leipzig eine Erklärung für die massive Zunahme der Zivilisationskrankheiten liefern. „Wir erhalten hier hoffentlich für mindestens eine oder zwei der großen Volkskrankheiten wegweisende und neue Einsichten für die Vorbeugung und eine gezielte Therapie“ betont Joachim Thiery. Der Fachmann rechnet bereits in zwei bis drei Jahren mit den ersten Forschungsergebnisse. Für die Durchführung suchen die Wissenschaftler derzeit noch rund 10.000 freiwillige Teilnehmer im Alter zwischen 40 und 79 Jahren aus dem Raum Leipzig, um ihre Daten denen der „Krankenvergleichsgruppe“ aus Patienten des Universitätsklinikums gegenüberzustellen. Die neu gewonnenen Ergebnisse sollen zukünftig die Grundlage für eine bessere Vorbeugung, Früherkennung und Behandlung der Zivilisationserkrankungen bilden.
Umwelt- und Lebensbedingungen als Ursache der Volkskrankheiten
Durch die Analyse des komplexen Zusammenwirkens von Umwelt- und Lebensbedingungen, Lebensstil, Stoffwechsel und genetischer Veranlagung erhoffen sich die Wissenschaftler des LIFE-Projektes auch eine Antworten auf Fragen wie: „Warum treten bestimmte Erkrankungen in bestimmten Regionen und bestimmten Altersgruppen vermehrt auf?“ Da ein Teil der Blut- und Zellproben in einer „Biobank“ eingelagert werden soll, könne mit den jetzigen Proben auch in 20 Jahren noch geforscht werden, erklärte Joachim Thiery. Zudem würden parallel rund 5000 Kinder und Jugendliche auf Ursachen für Krankheiten wie Adipositas und Diabetes mellitus sowie Allergien und psychischen Erkrankungen untersucht, deren Daten ebenfalls gespeichert werden. So hoffen die Wissenschaftler, dass die Forschungsergebnisse langfristig zu einer effektiveren Vorbeugung, Früherkennung und Behandlung der umwelt- und lebensstilbedingten Erkrankungen beitragen werden.
Rund 100 Arbeitsplätze entstehen
Aber nicht nur wissenschaftlich versprechen sich die Initiatoren Vorteile von dem Projekt. Sie gehen auch davon aus, dass ein großes Potenzial für wissensbasierte Firmenausgründungen von dem neuen Forschungsverbund ausgehe. Durch die Entwicklung spezieller Verfahren und Produkte, die später zur Marktreife gebracht werden, könnten so mittelfristig rund 100 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Region entstehen. (fp, 28.09.2010)
Bildnachweis: Michael Bührke / pixelio.de
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