Frankreich lässt den Wirkstoff Baclofen für die Behandlung des Alkoholismus zu
14.03.2014
In Frankreich wurde der Wirkstoff Baclofen für die Behandlung des Alkoholismus zugelassen. Das eigentlich zur Therapie spastischer Lähmung entwickelte Medikament helfe die Abstinenz nach einem Entzug der Patienten zu halten und erleichtere eine Reduzierung des Alkoholkonsums auf Verbrauchswerte, wie sie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Patienten mit hohem Risiko der Alkoholabhängigkeit vorgegeben werden, berichtet die französische Arzneimittelbehörde „Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé“(ANSM).
Die Behandlung des Alkoholismus ist ein großes Problem der öffentlichen Gesundheit, weshalb nach erstmaligen Berichten über eine erfolgreiche Therapie der Alkoholabhängigkeit mittels Baclofen mehrere klinische Studien zur Erforschung dieses Ansatzes zugelassen wurden, berichtet die ANSM. Um Patienten schon vor Abschluss der laufenden klinischen Studien eine Behandlung ihrer Suchterkrankung zu ermöglichen, sei nun eine vorübergehende Nutzungszulassung des Wirkstoffs für die Therapie der Alkoholabhängigkeit erfolgt, so die ANSM-Mitteilung am Freitag in Paris. „In Erwartung der Ergebnisse und nach Analyse der derzeit verfügbaren Daten zu dem Nutzen-Risiko-Verhältnis“ musste die ANSM nach eigenen Angaben eine vorläufige Zulassung gewähren.
Baclofen ursprünglich als Muskelrelaxans zugelassen
Bereits seit 40 Jahren wird Baclofen als zentral wirksames Muskelrelaxans zur Behandlung spastischer Lähmungen eingesetzt. Doch vor gut zehn Jahren ergab sich erstmals ein gänzlich neues Einsatzgebiet. Ein alkoholabhängiger französischer Arzt überwand mit Hilfe des Wirkstoff die eigene Sucht und erregte damit in der Fachwelt große Aufmerksamkeit. Es folgten klinische Studien mit Alkoholabhängigen, deren Ergebnisse die positive Wirkung von Baclofen bei der Therapie des Alkoholismus bestätigten. Zwei großangelegte multizentrische Studien sind derzeit noch nicht abgeschlossen, doch auch hier zeigen die vorläufigen Ergebnisse, dass der Wirkstoff sich durchaus zur Behandlung der Alkoholsucht eignet, berichtet die ANSM. Allerdings gebe es einige Kontraindikationen, wie beispielsweise „schwere neurologische oder psychiatrische Erkrankungen (unkontrollierte Epilepsie, Schizophrenie , bipolare Störung, schwere Depression) oder schwere Nieren- oder Leberfunktionsstörungen.“
Genaue Überwachung der Patienten erforderlich
In den Empfehlungen der ANSM wird die für die Behandlung der Alkoholsucht eine „anfängliche Tagesdosis von 15 Milligramm täglich“ genannt, die im weiteren Verlauf allmählichen in Abständen von zwei bis drei Tagen um jeweils fünf bis zehn Milligramm pro Tag angehoben wird, „bis sich eine klinische Reaktion zeigt.“ Diese Antwort des Organismus und die Zeit bis zum ihrem Auftreten könne von einem Patienten zum anderen sehr variabel ausfallen, weshalb die Anwendung einer genauen Überwachung bedürfe, berichtet die ANSM. Ob auch andere Länder dem Beispiel Frankreich folgen werden und Baclofen für die Behandlung der Alkoholsucht zulassen, bleibt vorerst offen. Sollten die finalen Ergebnisse der klinischen Studien, die bisherige Einschätzung bestätigten, dürfte dies jedoch nur eine Frage der Zeit sein. (fp)
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