Gesundheitsreform: Die Pharma-Industrie profitiert erneut
Die schwarz-gelbe Regierungskoalition verteilt weiter Geschenke an die Pharmaindustrie. Bisher konnte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Arzneimittel von der Kostenerstattung durch die Krankenkassen ausschließen. In Zukunft ist eine solche Entscheidung nach dem Willen von CDU / CSU und FDP nur noch möglich, wenn der G-BA die Unzweckmäßigkeit der Arznei eindeutig nachweisen kann.
Arzneimittel werden in Deutschland vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und zugelassen. Der G-BA konnte anschließend jedoch Medikamente für nicht markt- und erstattungsfähig erklären, wenn sie im Vergleich mit wirkstoffgleichen Mitteln keinen zusätzlichen Nutzen für den Patienten boten. Zwar hat der G-BA bisher lediglich einmal von der Möglichkeit Gebrauch gemacht und ein Medikament von der Erstattung durch die Krankenkassen ausgeschlossen, aber die ausführliche Nutzenbewertung von Arzneimitteln durch die Selbstverwaltung muss nach Ansicht des Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, Rainer Hess, dennoch erhalten werden.
„Dass der Gemeinsame Bundesausschuss schon zur Zulassung die Unzweckmäßigkeit eines Medikaments feststellen soll, geht an der Zielsetzung einer Nutzenbewertung völlig vorbei”, erklärte Rainer Hess. Denn Studien und Gutachten zur Bewertung der Arzneimittel liegen vor Zulassung meist nicht vor, da kein Unternehmen solche diese freiwillig erstelle. “Im Interesse der Patienten muss (daher) auf die geplante Umkehr der Beweislast verzichtet und die ausführliche Nutzenbewertung von Medikamenten erhalten bleiben”, betonte Hess. Den von der Bundesregierung geforderten Beleg der Unzweckmäßigkeit soll der G-BA mit Hilfe von Studien des entsprechenden Pharmaunternehmens oder des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) liefern.
Das geplante Vorgehen stößt nicht nur bei der Opposition sondern auch bei der Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen auf scharfe Kritik. Das die Grundlage für die Gesetzesänderung das Gutachten einer Anwaltskanzlei im Auftrag des Verbands Forschender Pharmaunternehmen (VFA) ist, wie der „Spiegel“ berichtet lässt zudem den Vorwurf der Klientelpolitik wieder lauter werden. So war das Bundesgesundheitsministeriums prompt um Klarstellung bemüht und erklärte, dass mit der geplanten Änderung "mehr Klarheit und größere Rechtssicherheit" geschaffen werden soll und der G-BA seine Entscheidung künftig lediglich mit einem wissenschaftlichen Beleg untermauern müsse. „Das hilft auch dem Gemeinsamen Bundesausschuss", so ein Sprecher des Ministeriums. Das der Verdacht der Klientelpolitik dennoch nicht ausgeräumt werden kann, ist auch durch die zeitgleich geplante Abschaffung der Kostenerstattung für zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel bedingt. Denn künftig werden etliche homöopathische Präparate nicht länger von den Krankenkassen bezahlt. (fp)
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