Aktueller Grippe-Impfstoff schützt auch vor Schweinegrippe
2009 schrie ganz Deutschland panisch nach einem Impfstoff gegen Schweinegrippe. Als der Impfstoff dann zur Verfügung stand, haben viele wegen der befürchteten Nebenwirkungen auf eine Impfung verzichtet. Dieses Jahr scheint die Schweinegrippe von vornherein kaum noch jemanden zu interessieren. Dass der Impfstoff gegen das H1N1-Virus jetzt auch in der normalen Grippeimpfung enthalten ist, hat bisher weder eine Zunahme noch eine Abnahme der Impfquote zur Folge.
Schweinegrippe wir auch diese Jahr auftreten
Auch wenn die Weltgesundheitsorganisation davor warnt, dass die Schweinegrippe in diesem Winter wieder auftreten könne und das Risiko einer Pandemie weiterhin bestehe, löst dies beim den Patienten eher Verwunderung als Sorge aus. Eine entsprechende Impfung ziehen meist nur Personen in Betracht, die sich generell gegen Grippe impfen lassen. Zumindest ist jedoch durch die Aufregung im letzten Jahr kein Rückgang der Impfung zu beobachten. So betont der Allgemeinmediziner Dr. Heinz Ullrich vom Ärztezentrum Aichach, dass „sich die Aufregung vom letzten Jahr gelegt hat und die Leute nach wie vor zur Grippeimpfung kommen.“ Dr. Rudolf Hartl, praktischer Arzt in Kühbach, sieht sogar wieder eine wachsende Akzeptanz der Grippeimpfungen. Allerdings lassen sich Impfquoten von 50 bis 60 Prozent, wie sie in skandinavischen Ländern die Regel sind und nach Ansicht von Reinhard Burger, Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), langfristig auch für Deutschland wünschenswert wären, trotz aller Bemühungen der Gesundheitsbehörden vorerst nicht erreichen.
Erstmal Impfempfehlung für Schwangere
In diesem Jahr wurden die Impfempfehlungen der Gesundheitsbehörden neben den bisherigen Risikogruppen, Menschen im Alter über 65 Jahre, chronisch Kranke, Frühgeborene sowie Alters- und Pflegeheimbewohner, erstmals auch auf Schwangere ab dem vierten Monat ausgedehnt. Bei ihnen sei der Krankheitsverlauf nach Infektion mit dem H1N1-Virus meist deutlich schwerer gewesen, so die Begründung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)und des RKI. Dr. Karl Fürst, Facharzt für Gynäkologie in Aichbach hält jedoch eine generelle Impfung bei Schwangeren nicht für notwendig, sondern empfiehlt ihnen eine Grippeschutzimpfung nur nach individueller Beratung und entsprechender Beurteilung durch den Facharzt. Dr. Fürst zufolge erkranken Schwangere nicht häufiger an einer Grippe als andere Bevölkerungsgruppen. Vielmehr sind „Schwangere (…) an sich stabil, weil sie vorsichtiger mit sich umgehen, in der Regel jünger und in einem guten gesundheitlichen Zustand sind“, erklärte der Fachmann.
Medizinisches Personal sollte vorsorgen
Aufgrund des regelmäßigen Kontakts mit Personen der Risikogruppen sollten sich Ärzte und das medizinische Personal nach Auffassung der Gesundheitsbehörden auf jeden Fall gegen Grippe impfen lassen. Die derzeitige Impfquote von etwa 20 Prozent, sei hier viel zu gering, erklärte Birte Kirschbaum von der BZgA. Um die Ansteckung der betreuten Personen zu vermeiden sollte sich das medizinische Personal generell einer entsprechenden Impfung unterziehen, so die einhellige Auffassung der Fachleute. Auch für Familienangehörige die ständig Kontakt zur Personen der Risikogruppen haben, wird von den Behörden eine Grippeimpfung empfohlen. Der beste Zeitpunkt für eine Schutzimpfung sei dabei zwischen Oktober und November, da in den Herbstmonaten das Erkrankungsrisiko witterungsbedingt zunehme, der Körper jedoch etwa 14 Tage braucht, um nach der Impfung einen entsprechenden Grippeschutz aufzubauen. Der schützt dabei neben dem H1N1-Virus auch vor den zwei verbreitetsten Grippevirenstämmen. Bei Kontakt mit einem der entsprechenden Virenstämme senkt die Impfung das Infektionsrisiko bei gesunden Menschen um bis zu 90 Prozent, bei bereits geschwächten Personen um 30 bis 40 Prozent, erklärten die Fachleute. Zudem verringere sich durch eine Impfung auch die Sterblichkeit bei älteren Menschen.
Grippe-Risiken nicht unterschätzen
Generell sollte das gesundheitliche Risiko durch eine Influenza-Erkrankung nicht unterschätzt werden. Jedes Jahr erkranken Millionen Menschen in Deutschland an Grippe, was für viele Betroffene wie zum Beispiel Menschen mit einem geschwächten Abwehrsystem, chronischen Lungenerkrankungen, Herzkreislaufkrankheiten oder Diabetes eine ernsthafte gesundheitliche Bedrohung darstellen kann. So gehen Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert-Koch-Institut davon aus, dass in der vergangenen Grippesaison 2009/2010 rund 2,9 Millionen zusätzliche Arztbesuche und 5.300 influenzabedingte Einweisungen in Kliniken notwendig wurden. Außerdem mussten Grippepatienten rund 1,5 Millionen mal arbeitsunfähig geschrieben werden. Daher sind die Gesundheitsbehörden darum bemüht, die Bevölkerung durch umfassende Aufklärungskampagnen mit Plakaten, Flyern, Postern, Broschüren und Inseraten auf die „Notwendigkeit“ einer Grippeimpfung aufmerksam zu machen. Darüber hinaus findet am 05. November der nationale Grippe-Impftag statt. Mit ihren Maßnahmen hoffen die Behörden eine deutliche Steigerung der Impfquoten zu erreichen.
Ablehnung der Grippe-Impfungen nicht ohne Grund
Das viele Deutsche sich aus gutem Grund letztes Jahr geweigert haben, eine Impfung gegen das H1N1-Virus vorzunehmen, scheinen die Gesundheitsbehörden bei ihrer Forderung nach höheren Impfquoten jedoch zu vergessen. Nicht die generelle Ablehnung einer Schutzimpfung, sondern die Sorge vor möglichen Nebenwirkungen hielt viele davon ab, den Arzt aufzusuchen. Da sich die Bedenken in erster Linie gegen den Schweinegrippe-Impfstoff richteten und dieser in den aktuellen Grippeimpfstoff auch enthalten ist, wird die Akzeptanz der Grippeimpfungen in der Bevölkerung vermutlich auch in Zukunft eher bescheiden bleiben. Dass im wesentlichen die Wirkverstärker für die Nebenwirkungen verantwortlich waren und nicht der Impfstoff an sich, ist der Bevölkerung in diesem Zusammenhang nur schwer zu vermitteln.
Grippe-Impfung mit Nebenwirkungen
Für die diesjährige Grippesaison hat das für die Zulassung der Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Freigabe von über 20 Millionen Impfdosen erteilt. Der zu verwendende Impfstoff wird dabei von der WHO jährlich neu empfohlen. Die die Kombination der Influenzastämme A und B mit dem H1N1-Virus in dem aktuellen Impfstoff wurde dabei bisher als relativ unproblematisch betrachtet. Der jetzige traditionelle Spaltimpfstoff kommt ohne die umstrittenen Wirkverstärker aus, welche bei dem Schweinegrippe-Impfstoff verwendet wurden. Jedoch hat sich im Verlauf der aktuell zu Ende gehenden Grippesaison auf der südlichen Halbkugel zum Beispiel bei Impfungen in Australien gezeigt, dass auch der aktuelle Impfstoff erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen kann. Einige Patienten litten nach der Verabreichung an schweren Fieberkrämpfen und ein zweijähriges Kind verstarb ohne bekannte Vorerkrankungen innerhalb von 12 Stunden nach der Impfung. Daher ist die australische Regierung dazu übergegangen, gesunden Kindern von einer Grippeimpfung abzuraten. (fp, 19.10.2010)
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