Eine Kräutermischung brachte drei Jugendliche in ein Krankenhaus: Die Jugendlichen hatten die Mischung wie einen Cannabis-Joint inhaliert und dadurch schwere gesundheitliche Beschwerden erlitten.
Drei Jugendliche sind nach dem Experiment mit einem Joint aus Kräutermischung ins Krankenhaus eingeliefert worden.Was in den 1968er Jahren für die Hippies Marihuana wahr, ist heute für eine wachsende Zahl der Jugendlichen die Kräutermischung aus dem Headshop. Denn im Gegensatz zu Cannabis fallen die enthaltenen Substanzen bisher meist nicht unter das Betäubungsmittel-Gesetz (BtMG) und der Konsum wird von den herkömmlichen Drogenmessgeräten nicht erfasst. Das die Kräutermischungen trotzdem sehr gefährlich sein können, mussten drei Jugendliche aus Hechingen jetzt feststellen, die nach dem Rauchen eines Kräutermischung-Joints direkt ins Krankenhaus eingeliefert wurden.
Zwei Jugendliche schwebten in Lebensgefahr
Die drei Brüder im Alter von 14, 15 und 18 Jahren hatten sich die Kräutermischung „Monkee go Bananas“ im Zollernalbkreis in einem Headshop besorgt und sie anschließend als Joint geraucht. Nach dem Rauchen der Mischung waren die Jungen zusammengebrochen und bewusstlos geworden. Anschließend mussten alle drei ins Krankenhaus eingeliefert werden, wobei der 18-Jährige relativ schnell wieder entlassen werden konnte, der 14- und 15-Jährige hingegen akut in Lebensgefahr schwebten, eine ganze Weile auf der Intensivstation lagen und künstlich beatmet wurden. Sie befanden sich nach Angaben der Polizei „in einem gesundheitlich äußerst kritischen Zustand.“
Wirkung der Kräutermischungen häufig unterschätzt
„Ein Fall in diesem Ausmaß ist der erste im Kreis“, erklärte Lambert Maute, Pressesprecher der Polizeidirektion Balingen. Doch die Polizei beobachtet bereits seit einigen Jahren mit Argwohn die wachsenden Verbreitung fragwürdiger Kräutermischungen nach dem Vorbild des seit zwei Jahren verbotenen „Spice“. Die Mischungen können überwiegend legal vertrieben werden, da sie nicht unter das BtMG fallen und sollen beim Rauchen eine ähnliche Wirkung wie der Konsum von Cannabis entfalten. Doch die Wirkung kommt meist nicht, wie der Name suggeriert, von den enthaltenen Kräutern sondern von den beigemengten chemischen Substanzen. Dabei ist vor allem die Mixtur der verschiedenen chemischen Substanzen, die ungenaue Dosierung und die Wechselwirkung mit den unterschiedlichen Kräutern beim Konsum ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass nach den Berichten in entsprechenden Onlineforen auch alteingesessene Cannabis Konsumenten bisweilen aus der Bahn wirft. Um so problematischer ist der Kräutermischungs-Konsum bei Jugendlichen und Kindern. Denn die Wirkung ist oft um ein vielfaches stärker als die des ohnehin heute schon sehr starken Marihuanas. Mit dem Joint den manche Erwachsene noch aus ihrer Jugend kennen, ist diese Wirkung keineswegs zu vergleichen.
Kräutermischungen aus synthetischen Substanzen
Seitdem „Spice“ verboten wurde, treffen sich viele Konsumenten in Onlineforen, wo Alternativen diskutiert, Rezepte für Kräuterjoints ausgetauscht und Testberichte veröffentlicht werden. In Bezug auf die von den drei Jugendlichen konsumierte Kräutermischung „Monkee go Bananas“ heißt es in allen entsprechenden Foren übereinstimmend, dass die Wirkung sehr stark (viel stärker als bei Cannabis) sei und in zahlreichen Fällen Verfolgungswahn, zeitweisen Gedächtnisverlust oder extremes Herzrasen verursachte.
Nicht ohne Grund weisen die Hersteller explizit darauf hin, dass die Kräutermischung nur als Raum- oder Autoduft geeignet ist und keinesfalls inhaliert werden sollte. Sie möchten sich einerseits rechtlich in Richtung des BtMG absichern und anderseits bei möglichen gesundheitlichen Schäden durch die Inhalation nicht zur Verantwortung gezogen werden. Auch ist die Verbreitung ständig wechselnder Mischungen für den Gesetzgeber ein Problem bei der Reglementierung und für den Konsumenten ein Problem bei der Einschätzung der Wirkung, erklärte der Balinger Polizeisprecher. Fast alle Mischungen sind synthetisch angereichert, wobei die Auswirkung der chemischen Substanzen nicht vorhersehbar sind und von den Konsumenten oft unterschätzt werden, wie der jetzige Fall bestätigt.
Marihuana verboten, lebensgefährliche Substanzen erlaubt
Dabei weist der Fall auch auf ein Problem in der deutschen Drogenpolitik hin. Denn die wachsende Verbreitung der fragwürdigen Kräutermischungen steht in direktem Zusammenhang mit dem immer noch aufrecht erhaltenen Verbot von Cannabis. Dabei werden jedoch Substanzen auf den Markt gebracht, die eine vielfach verheerendere Wirkung auf die Gesundheit der Konsumenten haben, nur um den rechtlichen Schein zu wahren. Aufklärungsarbeit in diese Richtung gibt es kaum, so dass die Jugendlichen oft völlig unvorbereitet mit einer Situation, wie die drei Brüder sie erlebt haben, konfrontiert werden.
Hier ist dringend ein Umdenken auch auf Seiten der Politik geboten. Es kann nicht Sinn eines Cannabisverbotes sein, dass fortwährend neue Substanzen auf den Markt gebracht werden, die angeblich eine ähnliche Wirkung haben, aber die Gesundheit weit mehr gefährden und legal sind. Auch die Kräutermischung „Monkee go Bananas“ hatten die drei Brüder völlig legal in einem Geschäft, mit Zubehör für den Cannabiskonsum wie Wasserpfeifen, Reinigungszubehör, Tabak und speziellem Zigarettenpapier, gekauft. Hier dürfen zwar keine Substanzen vertrieben werden, die unter das das BtMG fallen, aber die als Raum- und Autoduft vertriebenen Kräutermischungen dürfen die Shops verkaufen, „solange sie nicht verboten sind. Aber verboten werden sie erst, wenn sie negative Auswirkungen auf den Körper haben“, erklärte der Polizeisprecher Lambert Maute. Dennoch hat die Kriminalpolizei Balingen bereits am Freitag die ein Ermittlungsverfahren gegen die Ladenbetreiberin eingeleitet und bei Durchsuchung der Ladenräume die noch vorhandenen Packungen der Kräutermischung eingezogen. (fp, 04.11.2010)
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