Kanadische Forscher wandeln Haut- in Blutzellen um: Aus Haut wird Blut. Kanadische Forscher haben Hautzellen von Erwachsenen in Blutzellen umgewandelt.
Kanadischen Forscher ist es gelungen Hautzellen in Blut umzuwandeln. Damit könnten Blutspenden der Vergangenheit angehören, denn jeder bedürftige Patient könnte Bluttransfusionen erhalten, die aus seiner eigenen Haut hergestellt wurden.
Mediziner beklagen mangelnde Blutspenden
Mediziner beklagen seit langem, dass die Menschen zu wenig Blutspende spenden. Jetzt hat das kanadische Forscherteam um Mick Bhatia von der McMaster University in Hamilton (Ontario) jedoch eine möglich Lösung gefunden. Die Wissenschaftler haben aus menschlichen Hautzellen Blutzellen hergestellt, ohne dabei auf Stammzellen zurückgreifen zu müssen. Die Studienergebnisse von Mick Bhatia und Kollegen wurden in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Nature“ veröffentlicht.
12 Quadratzentimetern Haut für eine Bluttransfusion
Nach Aussage der kanadischen Forschergruppe reichen bereits zwölf Quadratzentimetern Haut aus, um genug Blut für eine Transfusion zu gewinnen. Insbesondere Krebspatienten, die bislang häufig lange Wartezeiten auf Transfusionsblut in Kauf nehmen müssen, könnten nach Hoffnung der Wissenschaftler von dem neuen Verfahren profitieren. Auch für Chemotherapie-Patienten könnten sich Vorteile bieten, da eine durchgehende Behandlung über einen längeren Zeitraum ohne die bislang üblichen Therapiepausen möglich wäre, so die Aussage der Wissenschaftler im aktuellen „Nature“-Artikel.
Hautzellen in Blut-Vorläuferzellen umgewandelt
Bisher war es nur möglich aus Hautzellen Blutzellen zu gewinnen, wenn Mediziner den Umweg über die Umwandlung in induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) nutzen. Dieser ist jedoch sehr zeitaufwendig, teuer, und ethisch kontrovers diskutiert. Mit dem jetzt entwickelten Verfahren ist es den Wissenschaftlern hingegen gelungen, die Hautzellen so umzuprogrammieren, dass sie Vorläuferzellen bilden, die sich im menschlichen Körper in alle wichtigen Blutzellen wie rote Blutkörperchen (Erythrozyten), weiße Blutkörperchen (Leukozyten) oder Blutplättchen (Thrombozyten) weiterentwickeln können. „Unsere Methode ist schneller (als herkömmliche Verfahren) und erzeugt in einem Schritt genau die richtige Sorte Zellen“, betonte der Leiter des Stammzell- und Krebsforschungsinstituts in Hamilton, Mick Bhatia. Auch ethisch bietet der neue Ansatz Vorteile, da er ohne die iPS auskommt, welche zwar nicht so umstritten sind wie embryonale Stammzellen, doch von vielen Menschen immer noch durchaus kritisch beurteilt werden.
Nur ein Gen der Hautzellen verändert
Die Umwandlung der Hautzellen in Blutzellen, basiert auf der Einschleusung eines Gens in die entsprechenden Zellen, wobei Mick Bhatia und seine Forscherkollegen jedoch vorerst analysieren mussten, welche genetischen Veränderungen nötig sind, um die gewünschte Umwandlung zu erreichen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Veränderung eines Gens (OCT4) ausreicht, damit die Hautzellen sich in die Vorläuferzellen sämtlicher Blutzellen verwandeln können. Allerdings musste den Zellen eine Mischung aus Cytokinen beigefügt werden, um die genannte Entwicklung zu initiieren. Cytokine sind Glykoproteine, die zur Regulierung des Zellwachstums und der Differenzierung von Zellen dienen. Die kanadischen Forscher haben Proben von menschlichen Hautzellen entnommen, diese im Labor vermehrt und das Gen OCT4 verändert sowie die Cytokine injiziert. So ist es ihnen gelungen die Hautzellen erwachsener Menschen in Blut-Vorläuferzellen umzuwandeln, die als Bluttransfusionen genutzt werden können und im menschlichen Körper anschließend die Form der benötigten Blutzellen annehmen. „Wir konnten erstmals zeigen, dass es mit menschlicher Haut geht. Wir wissen nun, wie es funktioniert und können den Prozess bestimmt noch weiter optimieren“, betonte Mick Bhatia im Rahme des aktuellen „Nature“-Artikels.
Hoffnung bei Blutkrebs oder Blutkrankheiten
"Natürlich können wir noch nicht sagen, wann es tatsächlich zu einer klinischen Anwendung kommen wird", erklärte der Studienleiter, doch das Forscherteam zeigte sich zuversichtlich, dass ihr Ansatz schneller praxistauglich sein wird, als der Umweg über die induzierten pluripotenten Zellen. So könnte nach Hoffnung der Wissenschaftler schon in naher Zukunft zum Beispiel Blut, das für Transfusionen während einer Operation benötigt wird, aus dem Hautgewebe des Patienten gewonnen werden. Damit wäre zum Einen der Mangel an Blutkonserven behoben und zum Anderen würde sich die Suche nach einem passenden Blutspender erübrigen. So könnten sich nach Ansicht der Forscher auch völlig neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Blutkrebs (Leukämie) oder anderen Blutkrankheiten wie Anämie bzw. Blutarmut eröffnen. „Der nächste Schritt ist jetzt, Blutzellen in ausreichender Menge herzustellen“ und zu „testen, ob sich die Zellen auch einfrieren lassen, damit sie vorrätig sind, wenn ein Patient sie braucht", erklärte Mick Bhatia abschließend. (fp, 10.11.2010)
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Bild: Xenia B. / pixelio.de
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