EKD plädiert für Neuausrichtung der Gesundheitspolitik
17.10.2011
In einer aktuellen Denkschrift hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine Neuausrichtung der Gesundheitspolitik hin zu mehr Solidarität gefordert. Zwar müssen die Verantwortlichen auch die begrenzten wirtschaftlichen Ressourcen im Blick habe, doch „wirtschaftliche Kalküle alleine reichen nicht aus, wenn es um die Gestaltung von Gesundheitspolitik geht“, mahnte der Vorsitzende des Rates der EKD, Präses Nikolaus Schneider, bei Vorstellung der Denkschrift.
Die Denkschrift der EKD trifft teilweise sehr konkrete Aussagen „zum Gesundheitssystem im engeren Sinne“, aber auch zu „Fragen der Gesundheitspolitik und schließlich die Verantwortlichkeit der Gemeinden“. Dabei setzt die evangelische Kirche den Rahmen für eine ihrer Ansicht nach „gute Gesundheitspolitik“ und gibt „Empfehlungen für die zukünftige Gestaltung“ des Gesundheitssystems, so die Aussage des EKD-Ratsvorsitzenden bei Vorstellung der Denkschrift „Und unsern kranken Nachbarn auch!“
Darin schlägt die EKD zum Beispiel vor, sämtliche Einkommensarten und nicht nur das Erwerbseinkommen bei der Berechnung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu berücksichtigen. Denn insbesondere im Bereich der Pflege werden die Kosten in den kommenden Jahrzehnten vermutlich massiv steigen, wobei gleichzeitig eine Verbesserung des Arzt-Patienten-Verhältnisses erforderlich wäre, betonte Präses Schneider. Hierfür werden erhebliche weitere finanzielle Ressourcen benötigt, so die Einschätzung der EKD. Darüber hinaus müsse bei den Arbeitsabläufen der Pflegekräfte auch Zeit für die Beziehung zu dem Patienten bleiben. „Derzeit haben sich“, laut Aussage des EKD-Ratsvorsitzenden, „gerade auch in der Pflege, die Arbeitsabläufe so verdichtet, dass immer weniger Zeit für das persönliche Gespräch, für Anteilnahme und Begleitung bleibt.“ Um hier im Sinne der Patienten Abhilfe zu schaffen, müssen auch finanzielle Mittel in die Hand genommen und zusätzliche Pflegekräfte eingestellt werden, betonte Präses Schneider.
Kritik an Vermarktung des Gesundheitssystems
Soziale und kommunikative Aspekte und psychische Notsituationen wie zum Beispiel bei einer Demenzerkrankung müssen bei der Gestaltung des Gesundheitssystems „angemessen berücksichtigt“, so der EKD-Ratsvorsitzende bei der Vorstellung der aktuellen Denkschrift in Düsseldorf. Die EKD übt auch Kritik an der „Vermarktlichung“, die die aktuelle Entwicklung der medizinischen Versorgung dominiert und den „öffentlichen Diskurs über die Bewältigung von Krankheit mit medizinischen Mitteln“ durchdringt. Hier geraten nach Ansicht der EKD sämtliche anderen, älteren „Diskurse wie etwa zur anthropologischen Situation von akut und chronisch Kranken, zur professionellen Selbstdefinition von Ärzten, Therapeuten und Pflegenden, zur Humanität im Krankenhaus und Ethik medizinischer Organisation“ in Vergessenheit. Dabei werden der Denkschrift zufolge auch die Gesichtspunkte der „Verteilungsgerechtigkeit in der medizinischen Versorgung“ bisweilen sträflich vernachlässigt. (fp)
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.