Krank durch Krankenhausaufenthalt: Gefährliche Multiresistente Erreger.
(24.08.2010) Keime stellen insbesondere in Krankenhäusern ein schwerwiegendes Problem dar, wie der Tod von drei Säuglingen in der Universitätsklinik Mainz uns jetzt wieder vor Augen geführt hat. So werden nach Angaben des Allianz-Berichtes «Krank im Krankenhaus» von 2007 in Deutschland jährlich zwischen 500.000 und einer Million Menschen in Krankenhäusern mit Keimen infiziert.
Die europaweite Studie kommt zu dem Ergebnis, dass etwa jeder zehnte Patient sich im Krankenhaus mit gefährlichen Keimen infiziert. Etwa 15.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen einer solchen Infektion, so ein Sprecher der Berliner Universitätsklinik Charité. Eher selten sind dabei Arzneimittel-resistente Erreger für die Erkrankung verantwortlich, in den meisten Fällen bilden andere Keime die Ursache der Infektion. «Multiresistente Erreger, die eine spezielle Antibiotikabehandlung erfordern, machen nur zehn Prozent der Krankenhausinfektionen aus, andere Keime jedoch 90 Prozent», betont Prof. Petra Gastmeier vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Charité: Zwei Drittel der Krankenhausinfektionen (nosokomialen Infektionen) wären nach Schätzung der Experten jedoch vermeidbar, wenn die geltenden Hygienevorschriften nur konsequent umgesetzt würden. „Die Einhaltung der Hygienestandards muss wirklich kontrolliert werden und zwar durch Fachpersonal, das ständig im Haus ist und den anderen auf den Wecker geht, weil es immer wieder nachhakt. Aber daran wird derzeit in Krankenhäusern gerne gespart, gerade weil kein Zwang da ist», so die Ausführungen des Sprecher der „Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene“ (DGKH), Klaus-Dieter Zastrow, im im Interview mit der „dpa“.
Daher fordert die DGKH eine staatliche Verordnung, die jedem Krankenhaus die Einstellung von Hygienefachpersonal vorschreibt, so wie es in in Berlin, Sachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland bereits der Fall ist. Die Vertreter der Berliner Charité würden es hingegen vorziehen, ihr seit Jahren laufendes bundesweites Überwachungsprogramm zu Krankenhausinfektionen (KISS), welches auf freiwilliger Basis läuft, auszuweiten. Beide Ansätze haben Potential und solange in den nächsten Jahren die Zahlen der Krankenhausinfektionen zurückgehen, ist es dem Patienten egal welches Verfahren zu dem Erfolg geführt hat.
Die meisten nosokomialen Infektionen werden von Keimen verursacht, die die Patienten selber mitgebracht haben, wobei in etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle die Keime durch die Hände übertragen werden, betonte Frauke Mattner, Expertin für Krankenhaushygiene bei der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie. Nur bei rund 50 Prozent der Fälle in denen eine gründliche Handdesinfektion geboten ist, wird entsprechend gehandelt.
Besonders hoch ist das Infektionsrisiko auf den Intensivstationen, wo sich nach Aussage des Krankenhaushygienikers der Universität Freiburg, Prof. Markus Dettenkofer, bis zu 15 Prozent der Patienten mit gefährlichen Erregern infizieren. Da die meisten Patienten aufgrund ihrer Erkrankung bzw. Operation ohnehin geschwächt sind, treten hier anschließend oft schwerwiegende Folgen, wie z B. Blutvergiftungen (Sepsis) , Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen etc. auf.
Am häufigsten ist in den Intensivstationen dabei eindeutig die Beatmungs-assoziierte Pneumonien, d. h. eine Lungenentzündung, die durch die Übertragung von Keimen im Rahmen der künstlich Beatmung verursacht wird. Dabei können die Erreger aus dem Bereich der Intensivstation kommen und durch Hygienemängel in die Mundhöhle des Patienten übertragen worden sein (exogener Infektionsweg) oder sie stammen aus dem eigenen Magen des Patienten und gelangen bei anhaltender horizontaler Lage durch das Aufstoßen von Mageninhalt in die Mundhöhle (endogener Infektionsweg). Letztere Art des Infektionsweges wurde durch die „sitzende“ Lage der Patienten (30 – 45 Grad Winkel) in der Vergangenheit jedoch bereits deutlich verringert. Außerdem sind Harnwegsinfektionen insbesondere bei Patienten mit Blasenkatheter weit verbreitet, so dass ca. 15 Prozent von ihnen mit einer derartigen nosokomialen Infektion zu kämpfen haben. .
Auch wenn ihr Anteil an den gesamten Krankenhausinfektionen noch relativ gering erscheint, so ist nach Ansicht der Fachleute insbesondere die Zunahme der Infektionen durch multiresistente Erreger mit Sorge zu betrachten. Sie sind eine direkte Folge des oft viel zu großzügigen bzw. teilweise sogar irrationalen Antibiotikaeinsatzes bei der Behandlung von bakteriellen Infektionen. (fp)
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