Den Krankenkassen mit Zusatzbeiträgen laufen die Versicherten davon. Viele Kassenmitglieder machten von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch.
26.01.2011
Das letzte Jahr war für einige gesetzliche Krankenkassen ein herber Rückschlag. Aufgrund einer unsicheren finanziellen Lage verlangten einige Krankenkassen von ihren Versicherten einen Zusatzbeitrag. Allen voran die Deutsche Angestellten-Krankenkasse DAK und die KKH- Allianz. Beide Krankenkassen erheben seit 2010 einen Pauschbetrag von acht Euro je Monat und Beitragspflichtigen. Seit Einführung des Zusatzbeitrages musste die DAK den Wechselwillen der Versicherten am eigenen Leib erleben. Rund 460000 Mitglieder machten von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch und wechselten die Kasse. Bei der KKH- Allianz sieht es ebenfalls nicht besser aus. Die Kasse verlor seit der Einführung rund 190000 Versicherte. Gegenüber der Volkszeitung in Leipzig sagte ein Sprecher der KKH- Allianz: „Ein Großteil der Kündigungen ist auf das Sonderkündigungsrecht nach Einführung des Zusatzbeitrages zurückzuführen.“ Damit bestätigte der Kassensprecher die Ursache und Wirkung der Zusatzbeiträge.
Profitiert haben von dem Krankenkassenwechsel Kassen, die keinen Zusatzbeitrag verlangen. Die Barmer GEK verzeichnete im gleichen Jahreszeitraum ein Mitgliederzuwachs von rund 100.000 Versicherten. In die Techniker Krankenkasse wechselten sogar fast 400.000 Menschen. Insgesamt haben über 600.000 Menschen ihrer Krankenkasse aufgrund von Zusatzbeiträgen den Rücken gekehrt und sind einer anderen Krankenversicherung beigetreten.
Der Gesetzgeber hat im Zuge der Gesundheitsreform den Krankenkassen neue Möglichkeiten geschaffen, ab 2011 die Höhe der Zusatzbeiträge selbst zu bestimmen. Die Krankenkassen können somit schneller auf ihre interne wirtschaftliche Situation reagieren. Wie nun die Auswertung belegt, können Zusatzbeiträge die Situation weiter dramatisch verschlechtern. Denn gerade Beitragspflichtige Arbeitnehmer wechseln die Kasse, um Ausgaben zu sparen. Solange keine flächendeckenden Pauschbeträge von allen gesetzlichen Krankenversicherungen erhoben werden, laufen den Zusatzbeitrag-Krankenkassen die Versicherten davon. Denn neben dem Sonderkündigungsrecht, dass nur unmittelbar nach Erhebung der zusätzlichen Beiträge gilt, besteht für Versicherte auch die Möglichkeit einer regulären Kündigung. So kann davon ausgegangen werden, dass die Wechselwelle weiter anhalten wird. Derzeit verlangen 13 Krankenkassen einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 8 Euro.
Ausfälle durch Hartz IV belasten die Kassen
Im letzten Jahr mussten auch Bezieher von Hartz IV Leistungen den Zusatzbeitrag entrichten. Eine Übernahme der Kosten verneinten überwiegend Jobcenter und Sozialgerichte. Bezieher der Grundsicherung mussten den Zusatzbeitrag von den Regelleistungen bestreiten. Rund 60 Prozent der Betroffenen sollen nach Angaben von Kassenvertretern die Zahlung verweigert haben. Auf spätere Inkassoverfahren verzichteten die Kassen, da der Verwaltungsaufwand zum Verhältnis der Kosten unverhältnismäßig größer wäre. Neuen Ärger bereitet auch die Tatsache, dass in der versprochene Sozialausgleichs für niedrige Einkommensgruppe nicht greift. Da nur eine Minderheit der Krankenkassen zusätzliche Beiträge verlangt, liegt der bemessene Durchschnittswert zum Ausgleich bei Null Euro. Ändert eine Krankenkasse ihre Satzung, so müssen ALG II Bezieher trotz Befreiung den Zusatzbeitrag bezahlen. Etwa die Hälfte aller Kassen mit Zusatzbeiträgen hat angekündigt, eine entsprechende Satzungsänderung durchzuführen. (sb)
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Bild: Gerd Altmann, pixelio.de
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