Spinnenseide hilft bei der Züchtung von Hautzellen
01.09.2011
Spinnenseide könnte in Zukunft bei der Züchtung künstlicher Haut helfen. Wie Hanna Wendt von der Klinik für Plastische Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in dem Fachmagazin „PLoS ONE“ berichtet, eignet sich Spinnenseide besonders für die Heilung chronischer Wunden oder Verbrennungen, da die Spinnenfäden äußerst reißfest und dehnbar sind und außerdem vom menschlichen Körper toleriert werden.
In der Vergangenheit wurde bereits viel über mögliche Einsatzgebiete des Naturproduktes Spinnenseide diskutiert und dabei verschiedenste Bereiche angeschnitten. So würde sich die äußerst reißfeste Spinnenseide zum Beispiel zur Herstellung besonders leichter kugelsicherer Westen eigenen oder auch als Baumaterial. Seit einigen Jahren arbeitet die Forschung außerdem an einer medizinischen Verwendung der Spinnenseide, zum Beispiel zur Reparatur von Nervenzellen. Nun hat Hanna Wendt im Rahmen ihrer Doktorarbeit eine weitere Einsatzmöglichkeiten des Naturproduktes aufgezeigt.
Spinnenseide mit medizinischen Vorteilen
Der MHH-Expertin zufolge könnte Spinnenseide in Zukunft bei der Züchtung künstlicher Haut eine wesentliche Rolle spielen und so die Behandlungsmöglichkeiten bei chronischen Wunden oder Verbrennungen deutlich verbessern. Laut Hanna Wendt ist „Spinnenseide den Aufgaben der Haut bestens gewachsen“ und „kann mehr leisten als andere Materialien, die bisher zur Züchtung künstlicher Haut untersucht worden sind.“ In früheren Studien der MHH wurde die Spinnenseide bereits zur Regeneration von Nerven sowie als Nahtmaterial bei Operationen genutzt, nun sei es gelungen, mit Hilfe der Spinnenseide auch Hautzellen zu züchten, erklärte die Wissenschaftlerin. Eine der schwierigsten Aufgaben war dabei die Gewinnung des Naturproduktes.
Hanna Wendt nutzte für ihre Untersuchungen die Goldene Radnetzspinne (Nephila sp.) aus Tansania zur Herstellung der Spinnenseide. Dabei wurden die Spinnen regelrecht gemolken. Die Forscherin befestigte den Haltefaden der Tiere, dessen Produktion diese nicht kontrollieren können, an einem etwa einen Quadratzentimeter großen Edelstahlrahmen und spulte unter langsamen Ziehen den Spinnenfaden auf den Rahmen. Dabei lieferte die Spinne in einer etwa fünfzehnminütigen Melkzeit bis zu 400 Meter Faden, erklärte Hanna Wendt. Durch das Aufwickeln auf dem Edelstahlrahmen entstand eine engmaschige Fläche, auf die anschließend Hautzellen aufgetragen wurden, berichtet die MHH-Forscherin. Bei ausreichender Zufuhr von Nährstoffen, Wärme und Luft, entstanden so zwei übereinanderliegenden gewebeähnliche Hautschichten, die in ihrer Struktur der äußeren Hautschicht (Epidermis) und der unmittelbar darunter liegenden Dermis entsprachen. Dabei wurde die obere Schicht aus sogenannten Keratinozyten gebildet, die untere aus Fibroblasten, erklärte Hanna Wendt. Obwohl die Struktur vielversprechend sei, müsse jedoch in weiteren Untersuchungen geprüft werden, wie gut die neu gezüchtete Haut anwächst, so die Expertin weiter.
Wie bei allen bisher angedachten Einsatzgebieten der Spinnenseide bleibt jedoch auch bei der Verwendung zur Züchtung von Hautzellen das Problem einer ausreichenden Verfügbarkeit des Naturproduktes. Denn obwohl die Spinnen in Relation zu ihrer Körpergröße massenhaft Spinnenseide produzieren können, reicht dies bei weitem nicht aus, für den Bedarf der möglichen Einsatzfelder. Daher müsste die Spinnenseide auch für eine klinische Verwendung möglichst synthetisch hergestellt werden, was bisher jedoch nicht möglich ist. So werden vermutlich noch einige Jahre Forschungsarbeit vergehen, bevor die Spinnenseide standardmäßig bei der Behandlung von Patienten zum Einsatz kommt. (fp)
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Bild: Rita Thielen / pixelio.de
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