Forscher entdeckten effiziente Hepatitis-D-Therapie
28.01.2011
Wissenschaftler haben eine wirksame Therapie gegen Hepatitis D entdeckt, mit der eine Hepatitis-D-Infektion in einem Viertel der Fälle zur virologischen Ausheilung gebracht werden kann.
Die bereits zur Therapie von Hepatitis B und C eingesetzte Behandlung mit Peginterferon alfa-2a zeigt auch bei Hepatitis D ihre Wirkung, erklärten die Forscher der „Hep-Net International Delta Hepatitis Interventional Trial” (HIDIT)-Studiengruppe um Michael Manns und Heiner Wedemeyer von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in der aktuellen Ausgabe des New England Journal of Medicine. Grundsätzlich sei die Behandlung mit Peginterferon alfa-2a bei Hepatitis eine effektive Therapie, betonten Wedemeyer und Manns.
Hepatitis-D-Virus nutzt die Hülle der Hepatitis-B-Viren
Das erstmals 1977 entdeckte Hepatitis-D-Virus (früher auch als Delta-Agens oder Delta-Virus bezeichnet) zählt zu den sogenannten „Satellitenviren“, die nicht in der Lage sind sich selbständig zu vermehren (Infektionskrankheiten). Sie benötigen die Hilfe anderer Viren. Im Fall einer Hepatitis-B-Infektion sind die Helfer Hepatitis-B-Viren, deren Oberflächenprotein (HBsAg) die Hepatitis-D-Viren benötigen, um sich zu vermehren. So bedienen sich die Hepatitis-D-Viren der Hülle der Helferviren, um ihre eigene nur 1.700 Nukleotide umfassende RNA in die Leberzelle des Wirts zu transportieren. Daher können nur Menschen an einer Hepatitis D erkranken, die gleichzeitig mit Hepatitis B infiziert sind. Eine Hepatitis-B-Impfung schützt somit auch gegen Hepatitis D. Im Krankheitsbild zeichnet sich die Hepatitis D im Gegensatz zur Hepatitis B durch einen besonders schweren Krankheitsverlauf aus, der bei fortschreitender chronische Hepatitis rasch zu Leberzirrhosen oder Karzinomen führen kann, betonten die Mediziner der MHH.
Zehn Millionen Menschen leiden weltweit an Hepatitis-D
Die Forscher der MHH warnen davor, dass die Hepatitis-D-Erkrankungen nicht so selten sind, wie häufig behauptet werde. So ist ihrer Aussage nach Hepatitis D im Mittelmeerraum, Afrika, dem Nahen Osten und Südamerika relativ weit verbreitet. Insgesamt seien weltweit mindestens zehn Millionen Menschen an einer Hepatitis-D-Infektion erkrankt und auch in Deutschland leben derzeit rund 30.000 Infizierte, wobei besonders häufig Migranten betroffen seien, erklärten die Experten. Weiter heißt es in einer Pressemitteilung der MHH, dass aktuell in Deutschland jährlich mehr Menschen an Hepatitis D sterben als an Aids und mit HIV assoziierten Erkrankungen. Allerdings wurden dem Robert-Koch-Institut im Jahr 2009 deutschlandweit nur sieben Hepatitis-D-Erkrankungen gemeldet. Unabhängig von den Erkrankungen in Deutschland wäre eine effiziente Therapie insbesondere mit Blick auf die weltweiten Hepatitis-D-Infektionen jedoch in jedem Fall ein erheblicher Erfolg. Wie Hepatitis B wird auch Hepatitis D hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr sowie die Benutzung infizierter Nadeln übertragen. Allerdings kommen in eher seltenen Fällen ebenfalls verunreinigte Blutkonserven, Spritzen, Tätowier- oder Akupunkturnadeln als Infektionsquellen in Frage.
Peginterferon-Therapie zeigt bei Hepatitis-D Erfolg
An der unter Leitung von Manns und Wedemeyer durchgeführte multizentrischen Studie zur Hepatitis-D-Therapie haben sich neben 15 deutschen Zentren auch türkische und griechische Kliniken beteiligt. Im Rahmen der Studie wurden 90 Hepatitis D-Patienten in drei Gruppen randomisiert aufgeteilt, wobei eine Gruppe über ein Jahr mit Peginterferon alfa-2a und dem Wirkstoff Adefovir behandelt wurde, eine weitere mit Peginterferon alfa-2a plus Placebo und die letzte ausschließlich mit Adefovir. Dabei konnten die Forscher feststellen, dass am Ende der Therapie mit Peginterferon alfa-2a plus Adefovir 23 Prozent der Studienteilnehmer HDV-RNA-negativ waren, dass heißt keine Hepatitis-D-Viren mehr nachgewiesen werden konnten. Bei der Behandlung mit Peginterferon alfa-2a plus Placebo war dies bei 24 Prozent der Studienteilnehmer der Fall. Die Testergebnisse seien auch 24 Wochen nach Therapie-Ende noch negativ gewesen, was nach derzeitigem Verständnis einer Ausheilung der Virusinfektion gleichkommt, erklärten die Forscher im Rahmen ihrer Veröffentlichung. Die Monotherapie mit Adefovir habe sich hingegen als unwirksam erwiesen, die Virus-RNA-Konzentrationen konnte nicht gesenkt werden und kein Patient sei am Ende der Therapie HDV-RNA-negativ gewesen, berichten die Wissenschaftler.
Dauerhafte Heilung der Hepatitis-D möglich?
Obwohl Adefovir zur Beseitigung der Hepatitis D-Viren den Studienergebnissen zufolge nicht benötigt wird, sehen die Forscher dennoch eine positive Wirkung. Denn Adefovir fördere die Kurierung der stets gleichzeitig bestehenden Hepatitis B. So sei ein deutlicher Rückgang der Hepatitis-B-Viren zu beobachten gewesen, wenn Peginterferon zusammen mit Adefovir eingesetzt wurde, erläuterten die Forscher der MHH. Bereits in der Vergangenheit konnten Erfolge bei der Behandlung von Hepatitis-D mit Peginterferon erzielt werden, allerdings traten die Viren nach Therapie-Ende stets wieder vermehrt auf. Das scheint bei der jetzt eingesetzten Peginterferon-Behandlung jedoch nicht der Fall. Allerdings konnte die neben einem negativen Virusnachweis grundsätzliche für eine anerkannte Ausheilung der Hepatitis geforderte Normalisierung der Alaninaminotransferase nur bei 7 Prozent der Patienten nachgewiesen werden, was leichte Zweifel an dem dauerhaften Erfolg der Therapie mit Peginterferon alfa-2a aufkommen lässt. Doch bleiben den Betroffenen ohnehin nicht viele Optionen, da andere Therapien wie zum Beispiel die bei Hepatitis B eingesetzte Behandlung mit Nukleosid- und Nukleotidanaloga bei einer Hepatitis-D-Infektion nicht wirken. (fp)
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Bild: Viktor Mildenberger / pixelio.de
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