Körpereigener Abwehrmechanismus gegen Allergien entschlüsselt
06.09.2011
Allergien wie Heuschnupfen, Tierhaar- oder Hausstauballergien sind in den modernen Industriestaaten relativ weit verbreitet. Doch obwohl alle Menschen regelmäßig in Kontakt mit potenziellen Allergenen kommen, zeigen nur zehn Prozent von ihnen entsprechende allergische Reaktionen, schreiben Prof. Kerstin Steinbrink von der Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und Prof. Marcus Maurer vom Allergie-Centrum der Berliner Charité in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Journal of Clinical Investigation“.
Die Forscher der Universitätsmedizin Mainz und der Berliner Charité haben im Rahmen ihrer Studie nun herausgefunden, dass spezielle sogenannte Regulatorische T-Zellen einen wesentlichen Einfluss auf die allergischen Reaktionen ausüben. Diese Regulatorischen T-Zellen sollen laut Aussage der Wissenschaftler auch dafür verantwortlich sein, dass bei regelmäßigem Kontakt mit geringen Mengen allergieauslösender Substanzen, auf Dauer eine Art Immunisierung gegen die entsprechenden Allergene verzeichnet werden kann. Erstmals gelang den Wissenschaftler die Entschlüsselung des Mechanismus, der dieser sogenannten Niedrig-Zonen-Toleranz (engl: low-zone-tolerance, LZT) zu Grunde liegt.
Killerdendritische Zellen unterbinden allergische Reaktionen
Im Rahmen ihrer Untersuchungen an Mäusen haben die Wissenschaftler der Berliner Charité und der Universitätsmedizin Mainzer nachgewiesen, dass sogenannte killerdendritische Zellen zur Vermeidung allergischer Reaktionen beitragen. Der auch für die Niedrig-Zonen-Toleranz verantwortliche zelluläre Mechanismus ist laut Aussage der Wissenschaftler auf die Ausschüttung bestimmter Signalstoffe durch die killerdendritischen Zellen zurückzuführen. Sobald die killerdendritischen Zellen in Kontakt mit Allergenen kommen, schütten sie einen sogenannten Tumornekrosefaktor aus, der in den Zellen, die für die allergische Reaktion verantwortlich sind, den programmierten Zelltod verursacht, erklären die Forscher in ihrem aktuellen Artikel. Auf die Weise wirken die auch als Gesundheitspolizei bezeichneten killerdendritischen Zellen regulierend auf die allergischen Reaktionen des Organismus, so die Aussage der Experten. Damit sei erstmal ein körpereigener Mechanismus aufgeklärt, der die Entstehung von Allergien verhindern kann, erklärten Prof. Maurer und Kollegen. Die Forscher hoffen auf Basis des entdeckten Mechanismus in Zukunft Möglichkeiten für die Allergie-Vorbeugung ableiten zu können.
Der Einfluss der Regulatorischen T-Zellen zeigt sich laut Aussage der Wissenschaftler auch bei der von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Fähigkeit der Niedrig-Zonen-Toleranz. Die killerdendritischen Zellen sind wahrscheinlich der Grund dafür, dass manche Menschen auf bestimmte Allergene körperliche reagieren und andere keine allergische Reaktion zeigen, erklärten die Berliner und Mainzer Forscher. Normalerweise dienen die Regulatorischen T-Zellen dazu, die Aktivierung des Immunsystems zu unterdrücken und so die Selbsttoleranz des Immunsystems zu gewährleisten. Auf diese Weise verhindern sie auch die Entstehung von Autoimmunkrankheiten. Wie die aktuellen Studienergebnisse verdeutlichen, sind die Zellen offenbar außerdem dazu in der Lage, die allergischen Reaktionen auf Allergene zu unterbinden.
Körpereigener Mechanismus zur Vermeidung von Allergien nutzen
Als Allergene kommen dabei laut Aussage der Forscher sämtliche Substanzen in Frage, die vom Organismus als fremd erkannt werden und zu einer überschießenden Abwehr des Immunsystems führen. Da alle Menschen in Kontakt mit entsprechenden potenziellen Allergen kommen, sind „die Ergebnisse der Studie im Prinzip für jeden relevant,“ erklärte Prof. Marcus Maurer. Vor allem Personen, „die vermehrt Kontakt mit allergenen Substanzen haben, laufen Gefahr, eines Tages eine Allergie auszubilden.“ Als besonders gefährdet nennen die Experten hier Beschäftigte in Friseursalons, der Schmuck- und der Modeindustrie sowie das Krankenhauspersonal. Die Wissenschaftler um Prof. Maurer hoffen nun auf eine therapeutische Umsetzung ihrer Ergebnisse. „Wir haben in unserer Arbeit den Mechanismus identifiziert, der der Verhinderung einer Allergie zugrunde liegt,“ nun geht es darum diesen in Zukunft zur Vermeidung von Allergien zu nutzen, betonten die Berliner und Mainzer Forscher. (fp)
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