Hoffnung auf eine wirksame Alzheimer Behandlung: Der Auslöser der Krankheit konnte im Verlauf einer Studie mit einem neu entdeckten Impfstoff gestoppt werden. Die Ergebnisse lassen sich auch auf den Menschen übertragen, so Wissenschaftler der Universität Göttingen.
(05.11.2010) Göttinger Forscher haben einen neuen Behandlungsansatz entwickelt, mit dem der Verlauf von Alzheimer-Erkrankungen bei Mäusen gestoppt werden konnte. Den Mäusen wurde ein neuer Antikörper injiziert der gezielt ein bestimmtes Eiweiß angreift, das als Auslöser der Erkrankung gilt. Die Ergebnisse können auf den Menschen übertragen werden, erklärte Prof. Thomas Bayer von der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).
„Übeltäter“ entdeckt der Alzheimer auslöst
Bisher galten die sogenannten Plaques, Alzheimer typische Eiweißablagerungen im Gehirn, bei den meisten Medizinern als Auslöser der Erkrankung. Die Plaques setzten sich im Gehirn fest, wodurch die Nervenzellen absterben und Alzheimer ausgelöst wird, so die vereinfachte Darstellung der verbreiteten medizinischen Erklärung. Ob die Plaques Auslöser oder nur Symptom einer Alzheimererkrankung sind, wird jedoch unter den Fachleuten bis heute kritisch diskutiert.
Die Wissenschaftler der UMG vertreten auf Basis früherer Studien bereits seit einiger Zeit die Position, dass die Nervenzellen nicht aufgrund der Plaques absterben, sondern wegen einer besondere Molekülstruktur im Gehirn, die das Eiweiß Pyroglutamat-Abeta produziert. Diese sei der wahre „Übeltäter“ so die Aussage der Wissenschaftler bei der Veröffentlichung ihrer aktuellennn Studienergebnisse im Fachmagazin „Journal of Biological Chemistry“. Pyroglutamat-Abeta bilde giftige Verklumpungen (Oligomere), die sich in den Nervenzellen und Blutgefäßen des Gehirns von Alzheimer-Erkrankten ansammeln und so die krankheitsauslösenden Schädigungen hervorrufen, erklärten die Wissenschaftler und Bezugnahme auf ihre früheren Studienergebnisse.
Antikörper entwickelt, der Alzheimer stoppen kann
Die früheren Studien hätten außerdem gezeigt, dass die Plaques nur schwierig zu zerstören seien, erklärte Prof. Thomas Bayer einen weiteren Grund für den jetzt an Mäusen getesteten völlig neuen Therapie-Ansatz. Denn die Zerstörung der Plaques ist nicht nur schwierig sondern stets mit massiven Nebenwirkungen verbunden, da man sich die Plaques nach Aussage von Prof. Bayer als eine Art Mülleimer für giftiges Abeta-Eiweiß vorstellen müsse, die am besten in Ruhe gelassen werden, damit eingelagerte Giftstoffe nicht austreten können. So kamen die Wissenschaftler der UMG zu dem Schluss, dass es sinnvoll sei, stattdessen die Neuentstehung der giftigen Eiweiße (Pyroglutamat-Abeta ) zu bekämpfen. Daher habe man einen Antikörper entwickelt, der in der Lage ist, an die Oligomere zu binden und sie unschädlich zu machen. So konnten sie durch die Injektion des Antikörper bei den Mäusen schon früh die zerstörerische Kraft der Oligomere stoppen. „Mit dieser Form der passiven Impfung können wir vermutlich keine Heilung erreichen, aber unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Antikörper offenbar das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit stoppen“, so das Fazit von Prof. Bayer im Rahmen der aktuellen Veröffentlichung.
Hoffnung für 35 Millionen Alzheimer-Patienten weltweit
Eine gute Nachricht für die wachsende Zahl der Alzheimer Patienten weltweit, derzeit rund 35 Millionen, denn die häufigste Form einer Demenzerkrankung galt bisher als nicht heilbar, so dass Vorbeugung der einzige Weg war, sich einigermaßen vor Persönlichkeit-zerstörenden Erkrankung zu schützen. „Regelmäßiger Sport und Bewegung“ sind nach Aussage des renommierten Neurologen Prof. Gereon Fink eine Möglichkeit der Vorbeugung und zudem haben zahlreiche Studien belegt, dass „ein hohes Bildungsniveau“ und „eine rege geistige Aktivität“ vor Alzheimer schützen können. Doch vollkommenen Schutz vor einer Erkrankung bieten all diese Vorbeugungsmaßnahmen nicht, so dass die Aussage von Prof. Bayer, dass er davon ausgehe die neue Form der Therapie in spätestens zwei Jahren bei Alzheimer-Patienten testen zu können, für alle Betroffenen eine erfreuliche Botschaft ist. (fp)
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