Nieren-Transplantation: Spenden dringend erforderlich.
(24.08.2010) Die Entscheidung des Frank Walter Steinmeier (SPD) seiner Frau eine Niere zu spenden, findet in der ganzen Bundesrepublik große Anerkennung und rückt das Thema Nierentransplantation in den Fokus der öffentlichen Debatte. Rund 12.000 Menschen warten in Deutschland derzeit auf eine Spenderniere, jährlich werden jedoch nur knapp 2.500 Nieren transplantiert.
Die zwei Nieren dienen dem menschlichen Körper zur Regulierung des Wasser- und Elektrolythaushalts und übernehmen wichtige Funktionen bei der Hormon- und Blutbildung. Versagen beide Organe, ist diese Situation lebensbedrohlich. So ist der Körper z. B. nicht mehr in der Lage Kalium auszuschütten, was zu Herzkammerflimmern mit Todesfolge führen kann. Etwa jeder tausendste Bundesbürger leidet heute an Nierenversagen, so der ärztliche Direktor der Berliner Charité, Ulrich Frei, wobei nicht immer eine Transplantation erforderlich ist. Ursache für Nierenversagen können nach Aussage des Transplantationskoordinators der Charité, Thomas Mehlitz, z. B. Gefäß- oder Autoimmunerkrankungen sowie Diabetes mellitus oder Zysten sein.
Von den jährlich knapp 2.500 durchgeführten Nieren-Transplantationen entfällt allerdings nur ein sehr geringer Anteil auf Lebendspenden. Dabei ist ein gesunder Mensch ohne weiteres in der Lage auf eine seiner zwei Nieren zu verzichten. Die verbleibende Niere übernimmt in den meisten Fällen unproblematisch die Funktionen des entnommen Organs, ohne dass dies Auswirkung auf das tägliche Leben des Spenders hätte.Nur etwa ein Prozent der Spender erkrankt in Folge der Operation. An der Berliner Charité war seit 1998 im Schnitt nur jede fünfte transplantierte Niere eine Lebendspende, die übrigen Organe stammten von Verstorbenen. Zum Vergleich: in Großbritannien waren ca. 25 Prozent Lebendspenden, in den USA ca. 35 Prozent und in Skandinavien sogar mehr als 50 Prozent..
Für die betroffenen Patienten eine unerfreuliche Statistik, denn sie warten „im Durchschnitt zwei bis sieben Jahre auf eine neue Niere“, so Nierenspezialist Frei und diese Zeitspanne ließe sich erheblich verkürzen, wenn mehr Menschen sich noch zu Lebenszeiten für eine Nierenspende entscheiden könnten. Durch eine Spenderniere bliebe den Patienten die andauernde Dialyse (maschinelle Blutreinigung) erspart und „die Patienten (erhielten) mehr Lebensqualität und eine längere Überlebensaussicht“, erklärte Thomas Mehlitz.
Das Spenden von Organen wird im Transplantationsgesetz eindeutig geregelt, wobei als Spender vor allem Verwandte ersten und zweiten Grades sowie Lebenspartner infrage kommen. Durch das persönliche Verhältnis von Spender und Empfänger will der Gesetzgeber Transparenz gewährleisten und verhindern, dass Personen zur Spende gezwungen werden oder sich aufgrund der finanziellen Anreize ein reger Organhandel entwickelt. So ist vor der Lebendspende ein Gespräch mit der Lebendspendekommission zwingend erforderlich, da hier noch einmal die Freiwilligkeit der Spende überprüft werden soll. Prinzipiell eignet sich jeder, der gesund ist und über zwei voll funktionsfähige Nieren verfügt als Lebendspender. Dabei sind Übereinstimmungen bei Gewebe und Blutgruppe nach Aussage der Experten von Vorteil, aber nicht unbedingt erforderlich. Es wurden auch schon inkompatible Organe verpflanzt, wobei das Risiko, dass der Körper diese abstößt erheblich höher ist. In Deutschland stammt nach Angaben des Münchner Klinikums Großhadern ein Großteil der Lebendspenden von Eltern (35 Prozent) und Ehepartnern (33 Prozent). Rund 18 Prozent der Lebendspenden stammen von Geschwistern, neun Prozent von engen Freunden und fünf Prozent von entfernten Verwandten.
Eine Lebendspende hat, den Ausführungen von Thomas Mehlitz zu Folge, weitere erhebliche Vorteile, da die Qualität der Organe meist besser ist als bei denen von Verstorbenen. Zudem findet die Transplantation unter geplanten Bedingungen statt, so dass das Organ direkt nach der Entnahme wieder implantiert werden könne, erklärte der Fachmann weiter. Demnach ist die Haltbarkeitsdauer der Lebendspenden gegenüber den Organen von Verstorbenen erheblich erhöht. Lebendspenden von Nieren halten im Mittel etwa 15 bis 20 Jahre wohingegen die Nieren eines Verstorbenen nur zehn bis zwölf Jahre funktionsfähig sind.
Nieren-Transplantation zählen zu den am längsten erforschten Organverpflanzungen, die bisher praktiziert werden. So hat bereits 1902 ein Wiener Arzt die erste Nierentransplantation an einem Hund durchgeführt und 1966 wurde die erste Niere in Deutschland verpflanzt. Bei der Transplantation wird dem Spender in einer etwa anderthalbstündigen Operation die Niere entfernt, in einer Konservierungslösung bei vier Grad gespült und anschließend bis zur Implantation gekühlt gelagert. Dem Bedürftigen wird das Spenderorgan in der folgenden Operation direkt in den Bauchraum implantiert, wobei die kranke Niere ebenfalls im Körper verbleibt. (fp)
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