BPI warnt vor standardisierter „Kochbuchmedizin“
12.09.2011
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) spricht sich gegen die geplante Einführung eines Medikationskataloges nach dem Modell der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) und der Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) aus. Der Medikationskatalog soll nach den Plänen der schwarz-gelben Bundesregierung strenge Vorgaben zur wirtschaftlichen Auswahl von Wirkstoffen enthalten und eine deutliche Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit bewirken.
Für den BPI ist die in dem Änderungsantrag von CDU und FDP angedachte Aufnahme eines Medikationskataloges in das Versorgungsstrukturgesetz jedoch „ein weiterer Schritt auf dem Weg zur standardisierten Kochbuchmedizin“. Der aktuellen Pressemitteilung des Pharmaverbandes zufolge, sind die Vorschläge der ABDA und der KBV nicht nachzuvollziehen. Unterstützung sucht der BPI bei den Ärzten und mahnte diese dazu, sich ihre Therapiefreiheit zu bewahren. Hinter der Kritik dürften jedoch auch finanzielle Interessen stehen, da vielen Pharmaherstellern bei Einführung eines entsprechenden Medikationskataloges erhebliche Umsatzeinbußen drohen.
Der von KBV und ADBA vorgeschlagenen Medikationskatalog soll als eine Art Positivliste bestimmte Wirkstoffe zur Behandlung von Patienten vorschreiben, wobei Arzneimittel, die nicht in dem Katalog aufgeführt sind, künftig nicht mehr bei den normalen Verordnungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus stellt der Änderungsantrag von CDU und FDP den Vertragspartnern frei, ob anstelle bestimmter Präparate ausschließlich Wirkstoffe verschrieben werden. Der Medikationskatalog soll künftig nicht nur die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessern, sondern auch Vorgaben für eine wirtschaftliche Auswahl von Wirkstoffen enthalten. Mit den relativ eng gesteckten Rahmenbedingungen des Medikationskataloges werden sich nach den Plänen der Politik die komplizierten Rabattverträge fortan erübrigen und die Arzneimittelkosten spürbar gesenkt. Waren den Pharmaherstellern die bisherigen Rabattverträge bereits ein Dorn im Auge, drohen ihnen nun massive Umsatzeinbußen, sollten ihre Produkte nicht auf der Positivliste aufgenommen werden. Entsprechend deutlich ist die Kritik des BPI.
Als wesentliches Argument gegen den geplanten Medikationskatalog nennt der Pharmaverband mögliche Beeinträchtigungen der Versorgungsqualität. Die Patienten würden in Zukunft nur noch nach Liste behandelt, wobei „nicht nachvollziehbar (ist), wie Ärzte und Apotheker auf die Idee kommen können, in Zeiten, in denen jedem Menschen klar ist, dass sich Medizin individualisiert, nunmehr die Pauschalantwort für jeden Patienten fixieren zu wollen“, bemängelte Professor Dr. Barbara Sickmüller, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des BPI. Für Sickmüller ist es allerdings „noch weniger verständlich, wenn die Politik auf solche Vorschläge hereinfällt.“ Mit der aktuellen Pressemitteilung sucht der BPI auch in der Ärzteschaft nach Verbündeten, die sich gegen den geplanten Medikationskatalog aussprechen.
Kritik an möglichen Beeinträchtigungen der Versorgungsqualität
Zwar sei das Anliegen der Ärzte, die im Rahmen des bisherigen Verfahrens erforderliche Wirtschaftlichkeitsprüfung abzuschaffen, durchaus verständlich, allerdings „nicht, wenn dabei die Versorgungsqualität leidet und der Arzt seine Aufgabe, nach den individuellen Belangen der Patienten zu therapieren, aufgibt.“ Da der Medikationskatalog im wesentlichen auf wirtschaftlichen Kriterien basiert, lasse sich mit diesem „in keinster Weise“ die gewünschte Verbesserung bei der Arzneimittelvergabe erreichen, kritisierte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des BPI. (fp)
Bild: Andrea Damm / pixelio.de
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