Die privaten Krankenversicherungen sollten in Zukunft die medizinische Inflation bei der Altersrückstellung beachten. Das könnte erreicht werden, wenn alle Versicherte entsprechend gleiche Zuschläge zahlen würden, so die Vision des HUK-Coburg Vorstandsvorsitzenden.
(20.11.2010)
Der HUK-Coburg Vorstandschef mahnte auf einem Fachtreffen die Branche der privaten Krankenversicherungen, zukünftig stärker die „medizinische Inflation“ sowie die damit verbundene Kostensteigerungen zu beachten. Die PKV müsse weitreichende Änderungen vornehmen, damit die höheren Kosten sich auch in den Altersrückstellungen bemerkbar machen.
Die privaten Krankenversicherungen müssten in Zukunft die medizinische Inflation sowie die damit verbundenen höheren Behandlungskosten stärker beachten. Die Inflation sollte sich nicht nur bei den Versicherungsprämien bemerkbar machen, sondern auch bei den Rückstellungen für das Alter. "Die PKV hat das Problem, dass die Alterungsrückstellungen kalkuliert werden anhand der Gesundheitsausgaben, die wir heute kennen" argumentierte der HUK-Coburg Vorstandsvorsitzende Dr. Hans Olav Herøy auf einer Fachtagung des Verbandes der Betriebswirte für Versicherungen in Köln. Die medizinische Inflation wird dabei allerdings nicht berücksichtigt, wie Herøy hinzufügte. Demnach sei es wichtig, die Anpassungen der Prämien nicht nur für die höheren Ausgaben zu berücksichtigen, sondern ebenfalls für die zu niedrig bemessene Altersrückstellung.
Unter einer „medizinische Inflation“ versteht man den Aspekt, dass die Ausgaben für Gesundheitsleistungen kontinuierlich steigen, weil immer neuere Behandlungsmethoden konzipiert werden und immer neuere Arzneimittel auf dem Markt kommen, deren Kosten ebenfalls steigen. Durch die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung müssen die Beiträge erhöht werden. Dadurch entsteht jedoch automatisch eine finanzielle Diskrepanz zwischen Beiträgen und den Altersrückstellungen. Dies führt wiederum dazu, dass die Beitragsanhebungen noch größer ausfallen.
Ein solcher Umbau des PKV-System verursacht zunächst auch höhere Beiträge. Langfristig könne man allerdings hierdurch die finanziellen Belastungen im Alter senken, so die Vision von Heroy. Momentan würde den Versicherten eine ganze Serie von Beitragsanhebungen wegen höherer Ausgaben und niedriger Zinsen bevorstehen. Auf der anderen Seiten versuchen einige PKV-Anbieter mit sehr günstigen Einstiegstarifen Freiberufler und Selbstständige als neue Kunden zu gewinnen. Die Methode der Neukundengewinnung schade jedoch der ganzen Branche. Die Anbieter hoffen immer wieder erneut auf die weitreichende Unterstützung der schwarz-gelben Koalition, die ihrerseits bereits die Zugangsvoraussetzungen für Angestellte im Wesentlichen vereinfacht hat, damit die PKV mehr neue Kunden gewinnen kann.
Die Folge ist, dass Altkunden weit aus höhere Versicherungsprämien zahlen müssen, als neue Kunden. Das gilt auch, wenn der Neukunde über das gleiche Eintrittsalter verfügt, wie der Bestandskunde. "Der Bestandskunde hat keine Garantie, dass der Bestandsbeitrag nicht höher ist als der Neugeschäftsbeitrag", erklärte Herøy.
Es ist jedoch längst nicht so, dass die PKV dieser Entwicklung tatenlos zugesehen hat. In der letzten Zeit habe nach Angaben des HUK-Coburg Chefs die PKV viel dafür getan, um die Ungleichheit zu minimieren. Er führte drei wesentliche Maßnahmen an, die bislang umgesetzt wurden. So habe man den Beitrag um zehn Prozent angepasst. Die Altersrückstellungen wurden mit der Bildung von Zinsgewinne und der Kappung von Beitragssteigerungen mit Rückstellungsmitteln gesichert. Damit habe die PKV das Problem bis heute nahezu gelöst. Doch allein diese Methoden reichen nicht aus, um die Zukunft zu sichern. Ein aktuelles Beispiel hierfür sind momentan niedrigen Zinsen auf den Märkten. Durch die Wirtschaftskrise ist die Zinsentwicklung derzeit starken Schwankungen unterworfen. "Wir sollten den letzten kleinen Schritt tun", forderte Herøy seine Kollegen auf.
Die private Krankenversicherungen sollten bei jeder Anpassung der Mitgliedsbeiträge mit einkalkulieren, wie hoch die entstandene Lücke in der Altersrückstellung ist. Erst dann sollten die Anbieter von allen, also auch von den Neukunden, einen sinnvollen Zuschlag verlangen. Dieser Vorschlag würde das PKV-System kräftig umwälzen und beinhaltet eine Art von Gerechtigkeit. Denn jüngere Menschen müssten den selben Zuschlag zahlen, wie die älteren Kunden. Allerdings zahlen die Jüngeren auch den Zuschlag länger, als die Alten. "Die Alternative wäre, die älteren Kunden die Lücke alleine zahlen zu lassen." Das allerdings führt unter den Bestandskunden immer wieder zu Unmut, denn die immer höher steigenden Beiträge für ältere Kunden stört auch das Ansehen der Branche.
Das neue vorgeschlagene Modell führt zwar zu weiteren Beitragserhöhungen, aber würde insgesamt die Beiträge nicht in die Höhe treiben. Bei einer Vollversicherung eines Altkunden würde sich die notwendige Beitragsanhebung im "niedrigen einstelligen Prozentbereich" bewegen. Je nach Art des Tarifes liegen die Anpassungen zwischen Null und drei Prozent.
Wichtig ist allerdings, dass alle PKV-Unternehmen gemeinsam mitziehen. Zudem wäre aus Werbegründen nicht schlecht zu sagen: „Du wirst nie mehr bezahlen müssen als jemand, der im selben Alter in die PKV eintritt wie du", erläuterte Heroy. Die Branche sollte sich gemeinsam für das vorgeschlagene Modell entscheiden. (sb)
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