Ältere Menschen in Deutschland nehmen zu viele Nahrungsergänzungsmittel ein
06.12.2013
Ältere Menschen in Deutschland vertrauen vermehrt auf die vermeintlich gesundheitsfördernde Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln und nehmen daher deutlich überhöhte Konzentrationen von Mineralstoffen und Vitaminen auf. Wissenschaftler des Instituts für Epidemiologie II am Helmholtz Zentrum München (HMGU) haben nach eigenen Angaben untersucht, „wie häufig ältere Menschen ergänzende Nährstoffe, sogenannte Supplemente, zu sich nehmen und welche Inhaltsstoffe dabei in welchen Dosen zugeführt werden.“ Die Ergebnisse des Forscherteams um Sigrid Schwab, Dr. Barbara Thorand und Professor Dr. Annette Peters wurden in der Fachzeitschrift „The Journal of Nutrition, Health and Aging“ veröffentlicht.
Als Basis für ihre Untersuchung nutzten die Wissenschaftler die Daten aus der sogenannten KORA-Age Studie, welche „den Zusammenhang zwischen Lebensstilfaktoren und dem Gesundheitszustand von Personen im Alter von 65 Jahren oder älter im Raum Augsburg untersucht“, berichtet das Helmholtz Zentrum München. Die Analysen ergaben, dass rund 54 Prozent der Frauen und 34 Prozent der Männer im Alter über 64 Jahre „ergänzende Nährstoffe, wie Vitamine, Mineralstoffe, oder sonstige Stoffe (zum Beispiel Omega-3 Fettsäuren oder Coenzym Q10) in Form von Supplementen (Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel)“ einnehmen, so die Mitteilung des HMGU. Nicht selten werden dabei laut Angaben der Forscher die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit angegebenen tolerierbaren Tageshöchstmengen überschritten. Insbesondere die Einnahme von Magnesium und Vitamin E sei vielfach deutlich zu hoch.
Zu hohe Konzentration von Vitamin E und Magnesium
Die Auswertung der Daten ergab, dass bei Frauen die am häufigsten supplementierten Inhaltsstoffe Magnesium und Vitamin D waren, während Männer vorzugsweise Magnesium und Vitamin E einnahmen. „Für beide Geschlechter wurde beobachtet, dass die zugeführten Dosen an Magnesium und Vitamin E dabei die tolerierbaren Tageshöchstmengen häufig überschreiten“, berichtet das HMGU. So führten 20 Prozent der Frauen, die regelmäßig Magnesium einnahmen, ihrem Körper deutlich zu hohe Konzentrationen zu. Dies galt bei den Männern für 33 Prozent der Teilnehmer. Zu hohe Vitamin-E-Mengen nahmen acht Prozent der Frauen beziehungsweise 14 Prozent der Männer, die entsprechende Präparate schluckten, auf. Die Einnahmehäufigkeit stand auch im Zusammenhang mit der „Bildung, der körperlichen Aktivität, dem Rauchverhalten und dem Vorliegen einer neurologischen Erkrankung“, berichtet das HMGU.
Fehlende wissenschaftliche Basis für die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln
Die Direktorin des Instituts für Epidemiologie II am HMGU, Professor Dr. Annette Peters, erläuterte, dass bislang „aktuelle und bevölkerungsbasierte Daten zur Einnahme von Supplementen bei älteren Menschen“ für Europa weitgehend fehlen, diese Bevölkerungsgruppe aufgrund von altersbedingten Nährstoffdefiziten jedoch in Bezug auf die Nahrungsergänzung von besonderem Interesse sei. Bislang erfolgt hier vielfach eine Einnahme ohne fundierte wissenschaftliche Basis. „Einen großen Einfluss bei der Auswahl der Präparate scheinen Industrie und Werbung zu haben“, betonte Peters. Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung und weiterer Forschungen seien hier wichtig, um sinnvolle Empfehlungen zur Nahrungsergänzung im Alter abgeben zu können.
Verbesserte Informationen zu Nahrungsergänzungsmitteln erforderlich
Die Forscher stellten nicht nur fest, dass viele ältere Menschen zu viel Magnesium und Vitamin E aufnehmen, sondern auch, dass „Vitamin D, dessen Supplementation in dieser Altersgruppe häufig medizinisch empfohlen wird, da es unter anderem den Knochenstoffwechsel positiv beeinflusst, insgesamt von relativ wenigen alten Menschen eingenommen“ wird. Hier scheint es daher umso wichtiger eine eindeutige wissenschaftliche Basis für die Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel zu liefern. Zumal in den vergangenen Jahren das Angebot der Nahrungsergänzungsmittel mit vermeintlich vielversprechender Wirkung deutlich gestiegen ist, da immer mehr Hersteller dieses durchaus lukrative Geschäftsfeld für sich entdeckt haben. Verbesserte Hilfestellungen für die Verbraucher beziehungsweise Patienten in Form verlässlicher Informationen und Beratungen durch die Ärzte scheinen hier dringend erforderlich. (fp)
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