Der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler zeigt kein Verständnis für die Proteste der Hausärzte. Die Ärzte stoßen bei dem Minister auf taube Ohren.
(16.09.2010) Der Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zeigt kein Verständnis für die Proteste der Hausärzte. Gestern hatten die Ärzte aus Protest an der Gesundheitsreform ihre Praxen geschlossen. So sagte Rösler am Mittwoch in Berlin: "Es geht nicht darum, dass wir Honorare beschneiden wollen, sondern wir wollen Steigerungen begrenzen". Der Ärzteverband protestiert gegen die Gesundheitsreform und für höhere Honorare.
Der Gesundheitsminister Rösler zeigt kein Verständnis für die Proteste.
Nach Meinung des Gesundheitsministers werde es auch im nächsten Jahr mehr Geld für die Allgemeinmediziner geben. Auch die höhere Vergütungen bei den umstrittenen Hausarztverträgen sollen auch 2011 möglich sein. Die schwarz-gelbe Koalition plane aber auch die die Mehrausgaben zum Beispiel bei den Arzneiverordnungen wieder einzusparen. Von Anfang an war dies im Referentenentwurf zur Gesundheitsreform vorgesehen gewesen, argumentierte Rösler. Bereits vereinbarte Hausarztverträge hatten weiterhin einen Bestandsschutz, daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Aus diesem Grund zeigt der FDP-Minister kein Verständnis für die Proteste der Ärzte: "Also ist nicht jeder Protest in vollem Umfang für mich zu erklären."
Rösler wirft dem Hausärztverband vor, mit den Praxis-Schließungen und mit den Protesten die Mediziner in Deutschland zu spalten. Denn bei den Protesten würde die Position der Hausärzte explizit thematisiert werden. So sagte der Gesundheitsminister: "Wichtig ist, dass nicht einzelne Ärztefunktionäre die Hausärzte untereinander ausspielen oder die Hausärzte gegen die Fachärzte." Denn nicht nur Fachärzte und Allgemeinärzte verdienen unterschiedlich gut oder schlecht, sondern auch Hausärzte. Denn eine Vielzahl der Hausärzte hat die Hausarztverträge abgeschlossen, einige würden jedoch nach den normalen Honoraren für Ärzte vergütet.
Erhöhung bei den Hausarztkosten soll per Gesetz verboten werden.
Der Minister will eine Erhöhung bei den Hausarztkosten per Gesetz verbieten, indem die Honorarzuwächse begrenzt werden. Höhere Ärzte-Honorare seien nach Ansicht Röslers nur dann akzeptabel, wenn sie durch Effizienzsteigerung und Einsparungen – wie beispielsweise bei der Verordnung von Medikamenten – kompensiert würden. Doch genau dagegen wandte sich der Ärzte-Protest. Laut Angaben des Hausärzteverbandes sollen sich sogar 120.000 Patienten für ihren Hausarzt stark gemacht und gegen die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Rösler in einer Unterschriften-Liste gestimmt haben. "Die Ärzte wollen ein Zeichen setzen", sagte der Vorsitzendes des hessischen Hausärzteverbandes Dieter Conrad Am Dienstag. "Eine solche Unterversorgung könnte in fünf Jahren zum Alltag gehören." Der Hausarzt-Verband wirft der schwarz-gelben Koalition nämlich vor, sie wolle das "Hausarzt-Modell" aus hebeln. Die „Hausarztzentrierte Versorgung“ ist 2007 eingeführt worden, damit Hausärzte die erste Anlaufstelle für den Patienten werden. Durch die Sparpläne im Zuge der Gesundheitsreform sehen viele Ärzte sich in ihrer finanziellen Existenz bedroht.
Wie viel verdienen die Ärzte tatsächlich?
Doch ist der Protest tatsächlich legitim oder ein "Jammern auf hohen Niveau"? Die Vergütungen der Ärzte und Psychotherapeuten stiegen zwischen 2007 und 2009 um 11 Prozent, wie eine Auswertung der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ergab. Die Auswertung habe auch gezeigt, dass die Honorare der Ärzte in den letzten drei Jahren viel mehr stiegen, als durchschnittlich die Löhne und Gehälter in Deutschland. Dabei hängt allerdings der Anstieg der Ärztehonorare auch von dem Bundesland der Praxis ab. In Hamburg verdienten die Ärzte im Schnitt bis zu 24 Prozent. In Niedersachsen konnten die Ärzte ein durchschnittliches Plus von 20 Prozent verzeichnen. In anderen Bundesländern hingegen waren die Honorar Steigerungen in Schnitt deutlich niedriger. So stiegen die Vergütungen in Baden-Württemberg nur um 3,5 Prozent, in Bayern sogar nur um 2,6 Prozent. Laut dem Krankenkassen-Verband GKV verdient ein Arzt mit eigener Praxis im Durchschnitt rund 164.000 im Jahr.
Rösler setzt derzeit den Spitzenverband der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung unter massiven Druck. Sie sollen sich an den Ärztehonorar Verhandlungen beteiligen und sich einigen. Am 24. September, also 2 Tage nach dem geplanten Beschluss des Bundeskabinetts zur Gesundheitsreform, nehmen die Krankenkassen und die Ärzte die Verhandlungen für die etwa 150 000 Hausärzte im Bewertungsausschuss wieder auf.
Wird es weitere Schließungen von Arzt-Praxen geben?
Heute Abend wird der Hausärzteverband eine Pressekonferenz geben und zu den Vorwürfen des Ministers Stellung beziehen. Zudem soll der Umsetzungsstand der Verträge nach § 73b SGB V sowie eine Rückschau auf den bundesweiten Aktionstag innerhalb der Kampagne „Röslerol“ statt finden. Es wird erwartet, dass weitere Proteste des Verbandes folgen. (sb)
Lesen Sie auch:
Bald Todesfälle durch Ärztemangel?
Kräftiger Anstieg der Ärzte-Honorare
Krankenkassen gegen Hausärzte-Streik
Chris Beck / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.