Studie an Mäusen: Viren könnten ähnlich wie bestimmte Bakterien eine schützende Wirkung auf die Darmflora haben
20.11.2014
Bakterien haben einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit des Darms. Dass auch Viren eine wichtige Rolle für die Darmflora spielen könnten, wurde jedoch lange bezweifelt. Wissenschaftler der University of New York haben jüngst im Rahmen einer Studie mit Mäusen belegt, dass Viren ähnlich schützend wirken wie symbiotische Bakterien. Die Mikrobiologen veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin „Nature“. Bislang galten virale Infektionen als eher Darmschädlich.
Viren wirkten positiv bei angegriffener Darmflora
Der Darm von Säugetieren ist von unzähligen Mikroorganismen besiedelt, die als gesundheitsfördernd eingestuft werden. So unterstützen manche Bakterien bei der Abwehr von Krankheitserregern oder schützen vor Entzündungen. Virusinfektionen im Darm galten dagegen lange Zeit als schädlich. Elisabeth Kernbauer und ihre Kollegen konnten jedoch belegen, dass Noroviren (Murines Norovirus) bei Mäusen einen positiven Effekt auf die Darmflora haben. Demnach könnten Viren eine ebenso wichtige Funktion für die Gesundheit erfüllen wie symbiotische Darmbakterien.
Im Rahmen ihrer Studie infizierten Kernbauer und ihre Kollegen Mäuse mit dem Mäuse-Norovirus. Noroviren verursachen beim Menschen unangenehme Magen-Darm-Entzündungen. Bei den Mäusen handelte es sich um zwei Arten von Versuchstieren: die einen hatten eine durch Antibiotika angegriffene Darmflora und die anderen waren durch eine spezielle Züchtung mikrobiologisch steril, so dass ihnen schützende Bakterien im Darm fehlten.
Wie sich bei den Untersuchungen herausstellte, hatte die Behandlung mit Noroviren auf beide Mausarten eine positive Wirkung. So wurden die Darmzotten gestärkt und die Zahl der B- und T-Zellen erhöht, die bei der Immunabwehr eine wichtige Rolle spielen.
Neben symbiotischen Bakterien sind sehr wahrscheinlich auch gesundheitsfördernde Viren im menschlichen Darm angesiedelt
Um zu überprüfen, wie effektiv dieser „virale Schutz“ ist, gaben die Forscher den Mäusen eine Chemikalie, die den Darm schädigt. Auch dabei hatte die Infektion mit Noroviren einen positiven Effekt, indem die Viren die Überlebenschancen der Tiere erhöhten. Laut Studie schützen die Noroviren zumindest bei Mäusen vor gesundheitsschädlichen Mikroben und vor chemisch induzierten Darmschädigungen.
„Diese Daten zeigen, dass eukaryotische Viren die Fähigkeit haben, die intestinale Homöostase zu unterstützen und die Immunität der Schleimhaut aufzubauen, ähnlich symbiotischen Bakterien“, schreiben die Forscher im Fachmagazin. Es liege deshalb nahe, dass nützliche symbiotische Viren im Darmtrakt von Säugetieren vorkommen.
Viren könnten Patienten mit Darmentzündungen helfen
Die beiden Mikrobiologen Yao Wang und Julie Pfeiffer von der University of Texas in Dallas weisen in einem Kommentar zur Studie daraufhin, dass "bereits einige Viren mit positiver Wirkung bekannt seien." Dazu zählen "unter anderem Herpesviren, die bakteriellen Infektionen" entgegen wirkten. „Diese Arbeit ist nun der erste Beweis für nützliche Effekte von Darmviren bei Säugern", zitiert die Nachrichtenagentur „dpa“ die Wissenschaftler. Es müsse nun im Rahmen weiterer Studien geklärt werden, ob die Viren auch eine gesunde Darmflora unterstützen. Zudem sei noch unklar, ob sie permanent oder nur vorübergehend im Darmtrakt vorhanden seien.
Möglicherweise könnten die Darmviren auch probiotisch eingesetzt werden, so die Mikrobiologen. So helfe Patienten mit Darmentzündungen in einigen Fällen eine Stuhltransplantation eines gesunden Spenders. „Vielleicht sind manche der positiven Effekte einer solchen Transplantation auf die Viren zurückzuführen, die sich in der Spenderprobe befanden", spekulieren Wang und Pfeiffer. (ag)
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